US-Justiz behindert Schuldentilgung von Argentinien

Regierung in Buenos Aires muss zuerst Hedgefonds bedienen. G-77 warnen vor Auswirkungen des Urteils auf internationales Finanzsystem

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Der New Yorker Richter Thomas Griesa
Der New Yorker Richter Thomas Griesa

Buenos Aires/New York. Der New Yorker Richter Thomas Griesa hat die Zahlung des argentinischen Staates von 539 Millionen US-Dollar an seine Gläubiger für illegal erklärt. Griesa verkündete dies am Freitag nach einem Treffen mit Vertretern der argentinischen Regierung unter Leitung von Wirtschaftsminister Axel Kicillof und Anwälten einer Gruppe von Hedgefonds, angeführt vom New Yorker Hedgefonds NML Capital aus dem Elliott-Imperium des US-Milliardärs Paul Singer. Die Hedgefonds hatten den Richter zuvor am Donnerstag in einem Schreiben aufgefordert, die Zahlung der argentinischen Regierung aufgrund der Missachtung seines Urteilsspruches einzufrieren. Dieser Aufforderung kam der Richter jedoch nicht nach.

Zuvor hatte die argentinische Regierung mehr als eine halbe Milliarde US-Dollar auf zwei Konten der New York Mellon Bank überwiesen. Laut dem Urteil von Griesa, welches auch vom obersten Gerichtshof der USA bestätigt wurde, muss Argentinien jedoch zunächst seine Schulden bei der Gruppe der klagenden Hedgefonds begleichen, bevor es alle weiteren Gläubiger bedienen kann. Griesa wies die zuständige New York Mellon Bank an, die 539 Millionen US-Dollar an Argentinien zurück zu überweisen.

Der Streit zwischen Argentinien und der Gruppe Hedgefonds hat seinen Ursprung in der Wirtschaftskrise von 2001. Als Argentinien nicht mehr in der Lage war, seine Schulden zu bedienen, kauften diverse Hedgefonds, unter anderem NML Capital, zu sehr geringen Preisen argentinische Staatspapiere auf. Zwischen 2005 und 2010 einigte sich der argentinische Staat mit seinen Gläubigern auf einen Schuldenschnitt um zwei Drittel.

Während 93 Prozent der Gläubiger dem zustimmten, verweigerten sich die Hedgefonds dem Deal. Während Argentinien seither konstant seine Schulden bedient und beispielsweise dem IWF den gesamten Schuldenbetrag zurückzahlte sowie mit den internationalen staatlichen Gläubigern, dem sogenannten Pariser Club eine Einigung fand, ging die Gruppe der Hedgefonds gerichtlich gegen das Land vor. Am 22. November 2012 verurteilte der Richter Thomas Griesga Argentinien dazu, den Hedgefonds 1,3 Milliarden US-Dollar zurück zu erstatten. Argentinien legte Berufung gegen das Urteil ein, es wurde jedoch vom New Yorker Berufungsgericht bestätigt und am 16. Juni 2014 wies auch der Oberste Gerichtshof der USA einen weiteren Berufungsantrag Argentiniens ab, womit das Urteil rechtskräftig wurde.

Da die Anleihen im Jahr 2002 unter US-Jurisdiktion herausgegeben wurden, um sie für ausländische Anleger attraktiver zu machen, gilt in der Streitfrage das US-Recht. Problematisch für das Land ist vor allem eine Klausel in dem Urteil, die Argentinien zwingt, die Forderungen der Hedgefonds zuerst zu bedienen. Dies bringt das Land in eine brenzlige Situation, da es am 30. Juni 900 Millionen US-Dollar Rückzahlungen an die Schuldnergruppe leisten muss, die dem Schuldenschnitt zugestimmt haben.

Bereits am Mittwoch war Argentiniens Wirtschaftsminister Axel Kicillof nach New York geflogen, um bei der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) zu sprechen. "Man hat uns bestimmte Bedingungen auferlegt die zur Folge haben, dass die Wirtschaft in ihrer Gesamtheit in Gefahr gerät", so Kicillof. Eine Ansicht, die von der UNO in einem Bericht zur Konferenz aufgenommen wurde. Das Urteil sei "ein Rückschlag für die Umschuldungsverfahren" und eine "Erosion der stattlichen Souveränität"heißt es darin. Auch die Gruppe der 77, dem Zusammenschluss der Entwicklungsländer, äußerte ihre Unterstützung für Argentinien und verfasste einen gemeinsamen Brief an den Richter, in dem sie auf die Konsequenzen seines Rechtsspruches für das internationale Finanzsystem aufmerksam machte.

Neben seinem Auftritt bei den Vereinten Nationen traf sich Kicillof auch mit den Anwälten der Hedgefonds. Kicillof betonte jedoch, dass man nur verhandeln könne, wenn der Richter eine Verfügung erlasse, die Zahlungen an andere Gläubiger weiter zuzulassen. Diese Forderung wurde von Griesa am Donnerstag abgelehnt.

Argentinien fürchtet zudem, dass die Schuldnergruppen, die dem Schuldenschnitt einst zustimmten, sich auf eine festgelegte Gleichbehandlung der Gläubiger berufen und nun ebenfalls die volle Summe einfordern. Das würde Argentinien zusätzliche Forderungen in Höhe von 120 Milliarden US-Dollar einbringen.