Guatemala steht still – Verfassungsgericht droht mit Räumung der Blockaden

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Landesweit protestierende tausende Menschen gegen den versuchten Wahlputsch
Landesweit protestierende tausende Menschen gegen den versuchten Wahlputsch

Guatemala-Stadt. Seit Montag steht Guatemala still. Die Demonstrationen und Straßenblockaden gegen das Vorgehen der Staatsanwaltschaft gegen den ins Präsidentenamt gewählten Bernardo Arévalo haben mittlerweile das ganze Land erreicht.

Autobahnen, Fernstraßen, Grenzübergänge werden blockiert, Bus- und LKW-Fahrer streiken, Geschäfte, Schulen und Universitäten sind teilweise geschlossen.

Der Protest wurde maßgeblich von den 48 Kantonen, eine indigene Verwaltungsstruktur aus dem überwiegend von Indigenen bewohnten Hochlanddepartamento Totonicapán organisiert. Autoritäten der 48 Kantone hatten bereits am 18. September Petitionen bei mehreren staatlichen Stellen eingereicht. Da diese unbeantwortet blieben, kündigten sie Ende vergangene Woche Straßenblocken "für unbegrenzte Dauer" an.

Dass die Staatsanwaltschaft unter Federführung vom Leiter des Sonderstaatsanwaltschaft gegen Straffreiheit, Rafael Curruchiche, am vergangenen Samstag Originaldokumente der Wahl im Wahlgericht TSE beschlagnahmen ließ, war eine weitere Zuspitzung der Ereignisse.

Am Montag begannen die Blockaden landesweit an 13 Punkten auf Fernstraßen, seitdem weiten sie sich aus. Am Donnerstag waren es 20 zentrale Punkte, dazu kommen zahlreiche kleinere Blockaden. Am Flughafen in der Hauptstadt wurde das Polizeiaufgebot verstärkt, weil es Gerüchte gibt, das auch dieser blockiert werden soll.

In Quetzaltenango, Guatemalas zweitgrößter Stadt, schloss sich schon am Montagnachmittag der Verband der Transporteure dem Widerstand an, Taxi- , Bus- und LKW-Fahrer sperren seitdem zahlreiche zentrale Zufahrt- und Verbindungsstraßen. Schulen sind seit Dienstag teilweise geschlossen bzw. auf online-Unterricht umgestellt, die private Universität Rafael Landivar stellte am Donnerstag im ganzen Land den Lehrbetrieb "zur Verteidigung der Demokratie und der Integrität des Wahlprozesses" ein. Seit Dienstag halten Aktivisten auch die Zufahrtstraße zum Justizzentrum der Stadt blockiert, zu Fuß ist das Gerichtsgebäude aber zu erreichen.

Am Mittwoch gab es Angriffe der Polizei auf Blockierende im Land, im Departamento Sololá wurden dabei vier Personen verletzt. Abends versuchten Spezialeinheiten der Polizei den Blockadepunkt Cuatro Caminos an der Interamericana im Departamento Totonicapán aufzulösen, bestätigt Ernesto Garcia Yax, Sekretär der 48 Kantone am Donnerstag gegenüber amerika21. "Ein Sicherheitssystem aus den Gemeinden" hätte dies aber verhindert.

Am Blockadepunkt Cuatro Caminos, an dem am Donnerstag am vierten Tag in Folge tausende Menschen versammelt waren, herrscht eine angespannte Stimmung.

Am Donnerstagmorgen hat das Verfassungsgericht eine "einstweilige Verfügung" erlassen, die vom Unternehmerverband CACIF (Koordinierungsausschuss der Landwirtschafts-, Handels-, Industrie- und Finanzverbände) beantragt wurde. Diese sieht vor, dass die Straßen "freizugeben sein".

Die Nachricht sorgt in Cuatro Caminos für Unruhe, indigene Autoritäten beraten wie mit der Situation umzugehen ist. "Wenigstens" habe der CACIF "die Maske jetzt fallengelassen", sagt eine Frau im Gespräch mit amerika21, "nachdem der Verband so getan hat, als schütze er die Demokratie, zeigt er jetzt wo er steht, hinter den Korrupten".

In diesem Landkreis sind die Proteste besonders deutlich zu merken, tausende Menschen sind auf der Straße, Geschäfte größtenteils geschlossen.

Die Solidarität ist überall im Land groß. An den Blockadepunkten bringen Menschen Lebensmittel und Getränke vorbei, das Movimiento Indigina in Quetzaltenango sammelt seit Mittwoch im Parque Central Lebensmittel und fährt sie zu den Barrikaden, mindestens ein Pickup werde täglich gefüllt, erklärt eine der Organisatorinnen gegenüber amerika21.

Für eine Frau an einem der Blockadepunkte in Salcajá, einer Kleinstadt im Departamento Quetzaltenango, ist die gute Organisation gerade im ländlichen Raum auch auf die "Nachbarschaftshilfe und traditionelle indigene Strukturen zurückzuführen, jeder hat seine Aufgabe, dann läuft das schon", erzählt sie dem Autor, während sie Getränke verteilt.