Garífuna in Honduras fordern angestammtes Land zurück

Staat wurde vom Corte IDH verpflichtet, Land an Garífuna zurückzugeben und sie zu entschädigen. Von der Regierung Castro eingesetzte Kommission soll die Urteile nun endlich umsetzen

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Protestcamp der Garífuna vor dem Parlamentsgebäude
Protestcamp der Garífuna vor dem Parlamentsgebäude

Tegucigalpa. Hunderte afroindigene Garifuna aus über 40 Gemeinden an der Karibikküste sind in der honduranischen Hauptstadt zusammengekommen, um die Umsetzung zweier Urteile des Interamerikanischen Gerichtshofes für Menschenrechte (Corte IDH) aus den Jahren 2015 und 2023 zu verlangen.

Unterstützt von Aktivist:innen anderer indigener Gruppen wie der Tolupanes, Maya-Chortí, Pech und Lenca sowie von kleinbäuerlichen Organisationen, Feminist:innen, Studierenden und Künstler:innen errichteten die Garífuna ein Protestcamp direkt am Gebäude des Parlamentes.

Der Corte IDH hatte den honduranischen Staat bereits 2015 dazu verpflichtet, kollektives Land der Garífuna in den Gemeinden Triunfo de la Cruz und Punta Piedra an diese zurückzugeben. Die Grundstücke waren seit den 1990er Jahren rechtswidrig an Dritte verkauft worden, die dort Tourismusprojekte, private Ferienhäuser oder Ölpalm-Plantagen errichten und/oder territoriale Kontrolle für Drogenkartelle und organisiertes Verbrechen ausüben.

2023 folgte ein weiteres Urteil zugunsten der Garífuna-Gemeinde San Juan Tela, aus dem Entschädigungen folgen müssen, aber auch die Zuteilung eines alternativen Landstücks und der Abriss des Tourismuskomplexes Honduras Shores Plantation.

"Unsere Bevölkerung ist mehr denn je mit einem Ausrottungsplan konfrontiert. Er dient dazu, durch rassistische Praktiken, Verachtung unserer Würde und Hasskampagnen, die physische Vernichtung unserer Gemeinschaften und unsere Zwangsumsiedlung voranzutreiben", heißt es in der Pressemitteilung der Schwarzen Geschwisterlichen Organisation von Honduras (Ofraneh) anlässlich der Mobilisierung in die Hauptstadt.

Die Garífuna, die ihr kollektives Eigentum und ihre territorialen Rechte einklagen, werden seit Jahren verfolgt. Laut Ofraneh wurden in den letzten Jahren mindestens 50 Mitglieder der Garífuna-Gemeinschaften in Honduras ermordet, weitere 300 kriminalisiert und inhaftiert. Vier im Juli 2020 von Schwerbewaffneten in Polizeiwesten und mit Polizeifahrzeugen verschleppte Garífuna aus der Gemeinde Triunfo de la Cruz sind noch immer spurlos verschwunden.

Die Regierung von Xiomara Castro hatte Ende 2023 ein Gesetzesdekret beschlossen, um eine Hochrangige Intersektionale Kommission für die Umsetzung der Urteile des Corte IDH einzurichten. Geleitet werden sollte sie von Außenminister Enrique Reina. Staatliche Funktionär:innen sollten ebenso beteiligt sein wie Vertreter:innen der Gemeinden und von Ofraneh. Seither war aber nichts passiert.

Als der Aufruf von Ofraneh für die Demonstration in der Hauptstadt publik geworden war, erschien plötzlich das Dekret im Amtsblatt und trat damit in Kraft.

Allerdings, so der honduranische Menschenrechtsanwalt Edy Tabora, entspricht der Text nicht genau dem, was zwischen den Garifuna-Vertreter:innen und der Regierung vereinbart worden war, so dass etliche operative Fragen offen blieben.

Die Demonstrierenden errichteten am 12. April, dem 227. Jahrestag der Ankunft der Garífuna auf der Insel Roatán (heute Honduras) ein Protestcamp mit Zelten auf einer Freifläche vor dem Parlamentsgebäude, um auch die Volksvertreter:innen auf die Situation ihrer Gemeinden aufmerksam zu machen.

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Die Kommission wurde am 13. April im Camp der Garífuna eingesetzt - und gefeiert. Im blauen Anzug Außenminister Reina
Die Kommission wurde am 13. April im Camp der Garífuna eingesetzt - und gefeiert. Im blauen Anzug Außenminister Reina

Da es sich um eine Verhandlung mit staatlichen Instanzen handelte, war das Treffen zur Einrichtung der Kommission im Amtssitz der Präsidentin anberaumt worden. Die Regierung hatte zugestimmt, dass eine 20-köpfige Garífuna-Delegation und etwa 50 Beobachter:innen eingelassen werden.

Als jedoch die Delegation begleitet von Demonstrant:innen vor dem Amtssitz ankam, wurde ihr bedeutet, sie müsse sich in ein Nachbargebäude begeben, das sogenannte "Centro Civico Gubernamental", dessen Bau von Korruption überschattet wurde und in dem sich die israelische Botschaft befindet. Als die Garífuna dies verweigerten und Einlass in das Gelände des Präsidentensitzes verlangten, wurden sie von Soldaten und Absperrgittern zurückgedrängt.

Zwei Militärs entsicherten Augenzeugen zufolge ihre Waffen, ein Soldat zielte direkt auf die Ofraneh-Koordinatorin Miriam Miranda. Wütend und enttäuscht kehrten die Garífuna zu ihrem Camp beim Kongressgebäude zurück, wo Stunden später und nach einigem Hin und Her die Regierungsvertreter eintrafen und die Kommission offiziell eingerichtet wurde.

"Eines muss klar sein", betonte Miranda bei einer Pressekonferenz, "wir sind nicht bereit, uns auf irgendwelche Deals einzulassen. Wir haben 21 Jahre lang mit dem Staat über diese Fälle verhandelt. Wir werden nicht zulassen, dass sie uns zu Verhandlungen an einen Tisch zwingen. Wir wollen substantielle Schritte, konkrete Fortschritte in der Umsetzung der Urteile und dass das Leben unserer Leute respektiert wird."

Erste Treffen der Kommission sind für den 29. und 30. April angesetzt.