Peru: Justiz ermittelt gegen Polizei und Militär wegen Tötungen bei Protesten

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Anfang Mai campierten Angehörige der in Juliaca und anderen Regionen Getöteten vor dem Justizministerium, um Gerechtigkeit zu fordern. Sie klagten an, von Unbekannten mit Pfefferspray angegriffen worden zu sein
Anfang Mai campierten Angehörige der in Juliaca und anderen Regionen Getöteten vor dem Justizministerium, um Gerechtigkeit zu fordern. Sie klagten an, von Unbekannten mit Pfefferspray angegriffen worden zu sein

Lima/Puno. Die peruanische Staatsanwaltschaft bereitet derzeit eine Anklage gegen 19 Polizei- und Armeeoffiziere wegen des mutmaßlichen Massakers an 19 Menschen in der Stadt Juliaca in der Region Puno am 9. Januar 2023 vor. Bei landesweiten Protesten gegen die Regierung von Dina Boluarte waren im vergangenen Jahr insgesamt mehr als 60 Menschen getötet und Hunderte verletzt worden. Die große Mehrheit der Opfer waren Indigene (amerika21 berichtete).

Unter den Personen, gegen die ermittelt wird, befinden sich 16 Polizist:innen, darunter der damalige regionale Polizeichef von Puno, Julio Mauricio Contreras, und drei Offiziere der Armee. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen sie wegen schweren Mordes und schwerer Körperverletzung. Dies könnte für die mutmaßlichen Täter eine Haftstrafe von 15 Jahren bedeuten, so der Anwalt der Opferfamilien, César Quispe Calsín. Er versicherte, dass die 19 Verdächtigen für weitere Verbrechen im Zusammenhang mit den Ereignissen in Juliaca verantwortlich seien, weshalb er sich für eine Erhöhung des Strafmaßes einsetzen werde.

Internationale Organisationen wie Amnesty International, Human Rights Watch (HRW) und die Interamerikanische Menschenrechtskommission (CIDH) hatten die Tötungen in Juliaca in ihren Berichten als außergerichtliche Hinrichtungen bezeichnet.

Quispe Calsín erinnerte auch daran, dass neben den Militärs und Polizist:innen auch die Verantwortung hochrangiger Führungspersönlichkeiten von der Generalstaatsanwaltschaft untersucht werden müsse, darunter die der Präsidentin Dina Boluarte, des ehemaligen Ministerpräsidenten Alberto Otárola und der zuständigen Staatsminister:innen. Dies sei notwendig, um in einem zukünftigen Prozess Ansprüche auf zivilrechtliche Wiedergutmachung geltend machen zu können.

Raúl Samillán, Vorsitzender der Vereinigung der Märtyrer und Opfer des 9. Januar in Juliaca, appellierte an weitere Opfer der Repression, die verletzt wurden und aus Angst vor Verfolgung durch die Regierung Dina Boluarte noch keine Anzeige erstattet haben, von ihrem Recht Gebrauch zu machen und sich zu vernetzen: "Wir müssen unsere Kräfte bündeln, um das Land zu vereinen. Denn nicht nur in Puno, sondern in zehn Regionen sind Menschen ermordet und massakriert worden".

Mit Blick auf die Situation der Verletzten beklagte der Anwalt César Quispe, dass 90 Prozent von ihnen derzeit keine Arbeit hätten und vom Staat im Stich gelassen worden seien. Er forderte den peruanischen Staat auf, die Empfehlungen der CIDH im Umgang mit den Opfern umzusetzen.

Die Ermittlungen werden indes von einem Team aus Lima durchgeführt, nachdem es in Puno zu Unregelmäßigkeiten gekommen war.