Venezuela / Politik

Venezuela: Rechte provoziert Gewalt mit uralter Taktik

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Ausschreitungen in Caracas am 12. Februar
Ausschreitungen in Caracas am 12. Februar

Die Geschichte wiederholt sich. Die uralte Taktik der herrschenden Klasse, welche die Verbreitung von Informationen kontrolliert, ist es, Gewalt zu provozieren und dann die Schuld auf den Feind zu schieben, in der Regel auf diejenigen, die für Veränderung kämpfen. Nero tat es, als er einen großen Teil von Rom niederbrannte und dies auf die Christen schob. Ebenso benutzte Hearst die Versenkung der USS Maine, um Kriegsgelüste zu entzünden, die zum Krieg mit Spanien führten. Hitler befahl den Reichstagsbrand und schob es auf die Kommunisten. Er hatte auch Deutsche in polnische Uniformen gekleidet und als Polen deutsche Truppen angreifen lassen, um die Invasion zu rechtfertigen, mit welcher der Zweite Weltkrieg begann. Der Zwischenfall im Golf von Tonkin entwickelte ein ähnliches Szenario. Und Bush Senior verwendete die gleiche Taktik, um die Invasion von Panama zu rechtfertigen.

In Venezuela wurde diese Taktik in diesen vergangenen 15 Jahren x-mal verwendet. Der berühmt-berüchtigtste Vorfall war am 11. April 2002, als Schüsse von Scharfschützen auf Demonstranten den Putsch gegen Chávez rechtfertigten. Die Opposition in Venezuela hat diesen Dreh immer und immer wieder benutzt. Während des Generalstreiks 2002/2003 griff eine Frau einen Nationalgardisten an und anschließend zeigte die Opposition (aus dem Kontext gelöst) den Teil, als der Gardist die Frau zu Boden stieß. In einem anderen Fall näherte sich in Caracas eine Demonstrantin den Nationalgardisten und spuckte einen von ihnen an – sodann zeigten die privaten Medien nur die Reaktion eines der Gardisten, der die Aufhetzerin zu Boden stieß, wiederum den Vorfall aus dem Zusammenhang reißend. Es stellte sich heraus, dass die Person eine Stadträtin war, die zur Opposition gehörte.

Heute geschieht wieder dasselbe, und die privaten Medien befördern dieselbe Täuschung. Demonstranten der Opposition haben Chaos in der Innenstadt von Caracas und anderswo geschaffen, öffentliche Gebäude angezündet, Schusswaffen benutzt, nachdem sie schon das Haus des Gouverneurs im Bundesstaat Táchira angegriffen hatten. Die ausgesprochene Absicht von Leopoldo López, einem Oppositionsführer, der diese Proteste organisiert hat, ist es, die Regierung zu stürzen. Er sagt es öffentlich. Und doch lassen die Medien es so erscheinen, als ob die Gewalt das Werk von Motorradfahrern sei, angeblich im Auftrag der chavistischen Regierung. (Den gleichen chavistischen "Horden" wurde die Gewalt in der Zeit des Putsches vom April 2002 zugeschoben, tatsächlich nannte die Oppositionszeitung "El Nacional" die Chavistas "Lumpen".)

Der gesunde Menschenverstand sagt uns, dass die Regierung durch die Förderung von willkürlicher Gewalt nichts zu gewinnen hätte. Darüber hinaus gibt es Tonnen von Filmmaterial, das zeigt, dass die Gewalt von den Demonstranten der Opposition ausging. Aber die Medien nutzen, wie immer, sowohl hier in Venezuela als auch im Ausland, all ihren Einfallsreichtum, um die Menschen – manchmal auf subtile Weise – zu überzeugen, dass die chavistischen "Horden" hinter der Gewalt steckten.

Manchmal braucht es jedoch nur den gesunden Menschenverstand, um zu wissen was los ist.


Steve Ellner ist seit 1977 Professor an der Universidad de Oriente in Puerto La Cruz im Osten von Venezuela. Der Politikwissenschaftler ist Autor vieler Bücher über die venezolanische Politik.