Paraguay / Politik

Paraguays Ex-Präsident reicht Verfassungsklage ein

Zwei Wochen nach dem parlamentarischen Staatstreich ist das Land auf dem Kontinent politisch isoliert. Die Proteste nehmen zu.

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Paraguays Ex-Präsident Fernando Lugo
Paraguays Ex-Präsident Fernando Lugo

Asunción. Fernando Lugo, bis vor gut zwei Wochen noch Staatsoberhaupt von Paraguay, hat am Mittwoch erneut eine Verfassungsklage beim Obersten Gerichtshof des Landes gegen seine Amtsenthebung eingereicht. Seine Anwälte begründeten die Klage mit dem Mangel an Argumenten, die die Abgeordneten in Parlament und Senat zu einer solchen Entscheidung berechtigt hätten. Die erste Verfassungsklage, die noch am Tag des Putsches eingereicht worden war und sich zunächst gegen den politischen Prozess der Amtsenthebung richtete, war abgewiesen worden. Die Anwälte hatten bei diesem ersten Versuch unter anderem bemängelt, dass ihnen nicht genügend Zeit eingeräumt worden sei, um sich mit den Vorwürfen auseinanderzusetzen. Der oberste Gerichtshof hat nun 30 Tage Zeit sich zu der erneuten Klage zu äußern. Sollte auch diese Klage abgewiesen werden, besteht die Möglichkeit, dass Fernando Lugo vor internationale Gerichte zieht.

Lugo war am 22. Juni mit der Zustimmung von Senat und Abgeordnetenhaus im Rahmen eines "politischen Gerichts" seines Amtes enthoben worden. Ausgangspunkt der Ereignisse waren gewalttätige Zusammenstöße zwischen Polizeieinheiten und landlosen Kleinbauern in Curuguaty im Nordosten der Republik. Dabei waren sechs Polizisten und elf Bauern ums Leben gekommen und 50 weitere Personen schwer verletzt worden. Die Vorkommnisse, die im ganzen Land Proteste auslösten, hatten auch zum Koalitionsaustritt der PLRA unter Federico Franco geführt. Zusammen mit der rechten Opposition strengte diese daraufhin die Amtsenthebung Lugos auf Grund "schlechter Amtsführung" an, für die Zweidrittelmehrheiten in den beiden Parlamentskammern nötig waren. Der ehemalige Vizepräsident Federico Franco übernahm schon einen Tag später die Führung des Landes, nachdem Lugo die erzwungene Entlassung akzeptiert hatte, um gewaltsame Auseinandersetzungen zu verhindern.

Inzwischen wird der Regierungswechsel von fast allen lateinamerikanischen Staaten als "kalter Putsch" bezeichnet und das Land sieht sich auf dem Kontinent zunehmend isoliert. Mehrere Regierungen verweigern dem Kabinett um Franco die Anerkennung und zogen ihre Botschafter ab. Weitaus härtere Konsequenzen dürfte der vorübergehende Ausschluss aus dem regionalen Wirtschaftsbündnis Mercosur und aus der Union Südamerikanischer Nationen (Unasur) haben. Die Regionalorganisationen beriefen sich dabei auf verbindliche demokratische Regeln für die Mitgliedstaaten, deren Erfüllung sie in Paraguay nicht mehr als gegeben sehen. Der brasilianische Außenminister Antonio Patriota sagte: "Wir bedauern die Situation, aber es gibt zur Zeit in Paraguay keine funktionierende Demokratie."

Währenddessen gehen die friedlichen Proteste gegen den parlamentarischen Staatsstreich im Land selbst in die dritte Woche. Der Widerstand der demokratischen und progressiven Kräfte wird inzwischen landesweit über eine eigens eingerichtete Internetseite koordiniert. Dabei kommt es täglich zu Protestmärschen und Kundgebungen, Straßensperren und anderen Formen zivilen Ungehorsams. Neben Studierenden, Gewerkschaften und sozialen Bewegungen beteiligen sich auch zunehmend landlose Bauern an den Demonstrationen, da sich ihre seit jeher ungesicherte Position mit dem Regierungswechsel weiter verschlechtern könnte. Hatte Fernando Lugo noch eine Landreform zu ihren Gunsten vorantreiben wollen, gelten unter anderem die Landoligarchie und Akteure aus dem Agrobusiness als Unterstützer der rechten Opposition.

Abzuwarten bleibt, ob sich die lateinamerikanischen Staaten nach den politischen Ausrufezeichen auch für wirtschaftliche Konsequenzen gegenüber Paraguay entscheiden werden. Vor allem Brasilien könnte dabei eine Schlüsselrolle zukommen. Eine mögliche Blockade durch das Nachbarland würde Paraguay rund 60 Prozent seines Außenhandels kosten. Bei den Treffen von Mercosur und Unasur am 29. Juni entschieden sich die Vertreter der Mitgliedstaaten jedoch vorerst gegen einen solchen Schritt.