Für Schwache und Starke

Die Bank des Südens bietet Alternativen für eine finanzielle Integration in Lateinamerika

Buenos Aires. Angesichts der Politik des Internationalen Wahrungsfonds (IWF), der Weltbank und der Interamerikanischen Entwicklungsbank hat Venezuela einen Vorschlag zur finanziellen Integration gemacht, dem sich inzwischen auch Argentinien, Brasilien, Bolivien, Ecuador, Paraguay und Uruguay angeschlossen haben: die Bank des Südens.

Diese Bank hat sich formell am 9. Dezember 2007 konstituiert, nachdem die Gründungsurkunde von den Staatschefs der Mitgliedsländer in Buenos Aires vor dem Regierungsantritt der Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner unterzeichnet wurde.

Der Vorschlag für dieses alternative Finanzinstrument stammt vom Präsidenten der Bolivarischen Republik Venezuela, Hugo Chávez Frias, vom August 2004. Er ist mit großen Erwartungen vor allem in Bezug auf die weniger entwickelten Ökonomien verknüpft, da die Kreditvergabe der Bank des Südens im Vergleich zu internationalen Instituten zu wesentlich günstigeren Bedingungen stattfinden wird.

In einem Beitrag für die Zeitschrift Albaeconomia betonte der venezolanische Botschafter in Uruguay, Franklin Gonzalez, dass sich "die Bank des Südens zu einem wichtigen Werkzeug bei der Stärkung der produktiven Sektoren und bei der Koordinierung von binationalen und multinationalen Projekten entwickeln wird, mit dem Ziel, die internen Kapazitäten zu stärken".

Die beteiligten Länder sehen in diesem neuen System einer lateinamerikanischen Allianz auch die Möglichkeit, weitreichende Verbesserungen der Infrastruktur zu erreichen, was wiederum zur Erhöhung von öffentlichen und privaten Investitionen führen würde und positive Auswirkung sowohl auf die schwächsten Länder als auch auf die Region als Ganzes hätte.

Auch der Finanzminister Boliviens, Luis Alberto Arce, betonte kürzlich in Caracas, dass Kredite für öffentliche Unternehmen erforderlich seien, weil diese unter dem Rückgang von Investitionen gelitten hätte. Auch habe sich ihre Lage wegen der Bindung an bestehende Kredite noch nicht verbessert hat.

Bevorstehende Herausforderungen

Die Bank des Südens entsteht aus der Notwendigkeit heraus, die Abhängigkeit des gesamten Kontinent von externen Organisationen zu beenden. Ihre Politik hatte in der Vergangenheit schließlich die Stagnation oder gar den Rückschritt auf ökonomischem und sozialem Gebiet zur Folge. Die Einmischung in die Entwicklung der lateinamerikanischen Länder soll nun beendet werden. Dies ist die große Herausforderung für die Region.

Das gepante Finanzierungsgerüst benötigt aus ethischen, wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Gründen ein solides Fundament, auf dessen Grundlage die Gründungsmitglieder agieren können. Ebenso notwendig ist ein Regelwerk, das die Akquise der Ressourcen regelt und das Anfangskapital definiert.

Der Präsident der Republik Argentinien, Nestor Kirchner, hat auf einem Besuch in Caracas im Februar dieses Jahres betont, dass sich die Bank des Südens eine neue Philosophie der Finanzierung zueigen machen wird, die sich deutlich von jener der internationalen Banken unterscheidet, die sich im Verlauf der Jahre als »wahre Strafe für die Völker« entpuppt habe die autonomen Entscheidungen beeinflusst habe.

Die Bank des Südens plant deswegen auch, Projekte zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und der wissenschaftlichen und technischen Entwicklung zu fördern. Technische Hilfestellung soll ebenso gewährt werden wie Bürgschaften und Bankgarantien. Mittelfristig soll der Bank ein Teil der Devisenreserven der Mitgliedsländer zufließen, die gegenwärtig noch in den Vereinigten Staaten von Amerika und in Europa deponiert sind.

Die Bank des Südens wird ebenfalls Boni, Schuldscheine oder Obligationen ausstellen und Finanzmittel verschiedenster Art binden, um zum Beispiel im Fall von Naturkatastrophen kurzfristig Hilfe gewähren zu können.

Die Gründungsmitglieder haben ihren Willen bekräftigt, weitere Länder zu integrieren, um auf einer solideren Basis zu stehen und um ihren Aktionsradius zu erweitern.

»Wir möchten, dass der Kleinste und der Stärkste Zugang zur Bank des Südens bekommen, und vor allem Banken, die auf der Grundlage der Solidarität arbeiten, ohne das Ziel aus den Augen zu verlieren, ein Finanzierungsinstrument zu sein«, sagte Kirchner, der mit der Unterzeichnung des Vertrages seine Amtszeit beendete.

Zur Zeit beteiligt sich Chile als Beobachter und Kolumbien ist noch unentschlossen, obwohl es seinen Beitritt am 12. Oktober beantragt hat. Die Entscheidung über den Beitritt liegt bei den sieben Gründungsmitgliedern.

Strategische Aspekte

An diesem Samstag (08.12.2007) wird in Buenos Aires ein Treffen der Wirtschafts- und Finanzminister der an der Bank des Südens beteiligten Länder stattfinden. Ziel der Zusammenkunft ist die Festlegung des Anfangskapitals der Bank, das derzeit auf sieben Milliarden US-Dollar geschätzt wird.

Dies hat am 4. Dezember Venezuelas Minister der Volksmacht für Finanzen, Rodrigo Cabezas, erklärt. Neben dem Anfangskapital werden auf dem Treffen noch andere Themen behandelt werden, wie etwa die Regierbarkeit der Bank, die Zusammensetzung des Direktoriums, oder die Vorgehensweise bei der Designation des Präsidenten und der Belegschaft.

Auf diesem Treffen werden auch die internen Statuten der Bank festgelegt. Jedes Land wird dabei das gleiche Entscheidungsrecht haben, im Gegensatz zu den bekannten Organismen, in denen die Länder mit dem größten Beitrag die höchste Stimmzahl haben.

Es wurde vereinbart, dass in Caracas der Hauptsitz der Bank ansässig sein wird. Zwei Zweigstellen werden in Buenos Aires und La Paz eröffnet.

Lateinamerika macht so seine klare Absicht deutlich, finanziell unabhängig zu werden und den Weg der wirtschaftlichen Entwicklung weiter zu verfolgen, den es schon seit vier Jahren mit bedeutenden Fortschritten bei der Bekämpfung der Armut und anderer gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Aspekte beschreitet.

Auf dem XVII. Iberoamerikanischen Gipfel in Chile hat der venezolanische Staatschef Hugo Chávez in Bezug auf die Bank des Südens erklärt, dass "nur durch die Überwindung der nationalen Strukturen, durch ein einheitliches Vorgehen und durch den Respekt den anderen gegenüber ein Fortschritt bei dieser Art von Projekten möglich ist. Wahre Integration bedeutet, dass wir unsere politischen Differenzen überwinden, um eine soziale Gerechtigkeit zu erreichen."


Amerika21.de bedankt sich bei Christa Grewe für die Übersetzung.