International

Arbeiterselbstverwaltung im Deutschlandfunk

Medientipp: Radioreportage über uruguayische Reifenfabrik FUNSA von Karl Ludolf Hübener

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Arbeiterselbstverwaltung im Deutschlandfunk
Freude nach der Übernahme der Fabrik

Montevideo. Der Fall FUNSA (Fabrica Uruguaya de Neumaticos S.A) in Uruguays Hauptstadt Montevideo ist ein gutes Beispiel für eine neue Form des Internationalismus. Heute Abend wird er ab 19.15 Uhr im Feature des Deutschlandfunks vorgestellt. Der Lateinamerika-Journalist Karl Ludolf Hübener, der selbst in Uruguay lebt, porträtiert die Reifenfabrik in Arbeiterhand in einer Sendung mit dem Titel "Dann übernehmen wir den Betrieb!". Die Unterstützung Venezuelas sei dabei entscheidend gewesen, zitiert der Sender die Arbeiterkooperative in der Vorschau.

In der Tat ermöglichte ein Darlehen der venezolanischen Regierung über umgerechnet 280.000 Dollar im Jahr 2006 den Weiterbetrieb unter Arbeiterkontrolle, nachdem die Fabrik zuvor in typisch neoliberaler Manier ausgeschlachtet worden war. War das Unternehmen in der Ära der Importsubstitution bis in die 1980er Jahre hinein so erfolgreich, dass die Arbeiter hohe Löhne und sichere Arbeitsplätze erkämpfen konnten - teilweise waren bis zu 3000 Arbeiter in Uruguays Hauptstadt beschäftigt -, geriet FUNSA in der neoliberalen Dekade in Schwierigkeiten. Das US-Unternehmen Tital International übernahm 1998 den Reifenhersteller, aber der Niedergang ging weiter. In der Wirtschaftskrise 2002 wurde das Unternehmen geschlossen.

Die Arbeiter gaben nicht auf, schützten ihre Fabrik vor der Ausschlachtung und ließen die Maschinen 2004 wieder anlaufen. Die Kooperative der Arbeiter (FUNSAcoop) versuchte, Kooperationen mit verschiedenen privaten Investoren zu schließen, was aber misslang. Erst die Unterstützung Venezuelas ermöglichte es den Arbeitern, die Schulden abzuzahlen. Ihrerseits halfen sie der bolivarischen Republik durch ihr Expertenwissen beim Aufbau zweier Gummifabriken.

Eine solche Form von Kooperationen zwischen revolutionärer Regierung in Caracas und selbstorganisierten Arbeitern in anderen Ländern ist ein Beispiel für neue Formen internationaler Solidarität, die nach den Worten von Hugo Chávez gerade auch im Rahmen von ALBA institutionalisiert werden sollen. So forderte er 2005 beim ersten Treffen besetzter Fabriken in Arbeiterhand "Empresur" als Organisation zurückeroberter Betriebe des Südens zu bilden. Erst 2009 kam es zum zweiten Treffen. Auch gibt es in Venezuela noch einige Fälle, in denen besetzte Fabriken nicht die erforderliche Unterstützung des Staates bekommen. Dies zeigt, dass noch ein langer Weg zu gehen ist. Der Fall FUNSA zeigt aber auch, dass es konkret fassbare Beispiele dieser neuen Politik gibt. Und die sind dann sogar im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu hören.


Bildquelle: Youtube.