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Chile: Regierung will das Militär vermehrt im Inland einsetzen

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Präsident Gabriel Boric hat den Sicherheitsrat einberufen
Präsident Gabriel Boric hat den Sicherheitsrat einberufen

Santiago. Das chilenische Militär soll der Polizei bei der aktuellen Sicherheitskrise helfen und mehr Kompetenzen bekommen. So soll die Armee künftig kritische Infrastruktur bewachen und Polizeieinsätze begleiten können. Dies teilte Innenministerin Carolina Tohá nach einer Sitzung des Sicherheitsrates am vergangenen Montag mit.

Juan Antonio Coloma, Senatsabgeordneter der ultrarechten Unión Democráta Independiente, begrüßte die Ansage der Regierung: "Abgesehen von politischen Unterschieden, gibt es den Willen die Kräfte des Staates zu vereinen und sich den Drogenbanden und der organisierten Kriminalität entgegenzustellen".

Laut Tohá will die Regierung möglichst schnell eine Gesetzesreform verabschieden, die es dem Militär erlaubt, an mehr Orten Funktionen zu übernehmen. Im Rahmen des Gesetzes für kritische Infrastruktur, das vor einem Jahr verabschiedet wurde, patrouilliert derzeit das Militär an der nördlichen Grenze Chiles. Eine weitere Reform soll neue Bereiche als "kritische Infrastruktur" katalogisieren, um die Streitkräfte in weiteren Bereichen innerhalb des Landes einzusetzen.

Mit der aktuellen Entscheidung geht die Regierung einen Mittelweg. Nachdem sie am 1. Februar angekündigt hatte, den Sicherheitsrat einzuberufen, forderten vor allem rechte Politiker:innen eine Ausrufung des Ausnahmezustandes. Damit soll dem Militär die Kontrolle der öffentlichen Sicherheit übergeben werden. Der Sicherheitsrat besteht aus Oberbefehlshabern der Armee, dem Parlamentspräsidenten und den Ministerien für Verteidigung und des Inneren. Er soll den Präsidenten in Fragen der nationalen Sicherheit beraten.

Der Sicherheits- und Menschenrechtsexperte Daniel Soto kritisierte die Entscheidung: "Der Sicherheitsrat dient Aufgaben der äußeren, nicht der inneren Sicherheit", schrieb Soto auf der Plattform X und fügte an, dass das Militär nicht für Polizeiaufgaben ausgebildet sei. Unterstützung bekam er dabei vom Oberbefehlshaber der Streitkräfte, Ricardo Martinez. "Man kann eine Truppe nicht in einer Armensiedlung stationieren", meinte er am 2. Februar gegenüber Medien.

Trotz allem hält sich der Ruf nach der Entsendung des Militärs. Bereits Ende Januar rief die Vereinigung der Lastwagenunternehmer nach dem Raubmord an zwei Lastwagenfahrern den Präsidenten dazu auf, "das Militär auf die Straße zu schicken". 

Die Angst vor Raubüberfällen hat in dem südamerikanischen Land stark zugenommen. In einer Studie des Umfrageinstituts Cadem vom 28. Januar sagten 73 Prozent der Befragten, sie hätten große Angst ausgeraubt zu werden. 83 Prozent sagten, die Kriminalität nehme zu.

Tatsächlich ist die Anzahl an Delikten laut Kriminalitätsstatistiken im Land gestiegen. Im Jahr 2022 wurden etwa 40 Prozent mehr Morde registriert als im Jahr 2006. Breite Teile der Politik machen dafür Migrant:innen verantwortlich, obwohl Statistiken dem widersprechen.