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Chiquita: Millionen US-Dollar für Paramilitärs

Drei Cents pro exportierte Bananenkiste wurden an Paramilitärs in Kolumbien bezahlt. Konzern will Freigabe von Dokumenten verhindern, die Zusammenarbeit beweisen

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Die paramilitärischen AUC sollen von Chiquita über 1,7 Millionen US-Dollar für ihre Dienste erhalten haben
Die paramilitärischen AUC sollen von Chiquita über 1,7 Millionen US-Dollar für ihre Dienste erhalten haben

Washington D.C./Bogota. Der Bananengroßproduzent Chiquita, früher United Fruit Company, versucht die Freigabe von Dokumenten aus staatlichen

US-Archiven zu verhindern, die seine jahrzehntelangen Beziehungen zu Paramilitärs in der kolumbianischen Bananenregion Urabá und Santa Marta beweisen. Dies geht aus Informationen des an die George Washington Universität angegliederten Forschungszentrums Nationales Sicherheitsarchiv (NSA) hervor.

Das multinationale Unternehmen muss sich aktuell in zehn Prozessen in den USA und in Kolumbien wegen der Zusammenarbeit mit Paramilitärs verantworten. Die Dokumente, deren Herausgabe Chiquita nun verhindern will, wurden zum Teil von dem Unternehmen selbst im Jahr 2007 an die US-amerikanischen Justizbehörden übergeben. Dies geschah im Rahmen einer Vereinbarung mit dem amerikanischen Justizministerium. Chiquita wurde damals auf Grund der Zusammenarbeit mit Paramilitärs in Kolumbien zur Zahlung von 25 Millionen US-Dollar und der Einführung eines Ethikprogramms verpflichtet. Im Gegenzug gab es zunächst keine weiteren strafrechtlichen Folgen für Chiquita.

Nach Aussagen des Sprechers des NSA, Michael Evans, handelt es sich bei den Dokumenten um "die möglicherweise größte je zusammengetragene Informationsmenge über die Verbindungen eines multinationalen Unternehmens mit terroristischen Gruppen." Evans sagte weiter: "Es gab eine sehr großangelegte Untersuchung, an der zahlreiche Bundesbehörden beteiligt waren und die zur bisher einzigen Sanktionierung eines US-amerikanischen Unternehmens wegen Finanzierung von Terrorgruppen geführt hat."

In diesem Prozess kam die Staatsanwaltschaft zur Schlussfolgerung, dass Chiquita den sogenannten Vereinigten Selbstverteidigungsgruppen Kolumbiens (AUC) zwischen 1997 und 2004 über 1,7 Millionen US-Dollar gezahlt hat. Davon über die Hälfte zu Zeiten, als die AUC bereits von den USA zu einer terroristischen Vereinigung erklärt worden war.

Die aktuell laufenden Prozesse gegen Chiquita basieren auf den Aussagen von zahlreichen ehemaligen AUC-Anführern, die auf der Basis des Gesetzes für Gerechtigkeit und Frieden ausführlich gegen den Konzern aussagten. Ziel des Gesetzes ist die Wiedereingliederung von ehemaligen Mitgliedern der Paramilitärs in das Zivilleben sowie die Gewährung von Strafnachlass bei Kooperation mit den Strafverfolgungsbehörden. In diesem Rahmen erläuterte zum Beispiel der ehemalige Anführer der Paramilitärs, Raúl Emilio Hasbún, wie sie mit Chiquita in der Region von Urabá und Santa Marta vereinbarten, dass das Unternehmen drei Cents pro exportierte Bananenkiste an die Paramilitärs zahlte, welche im Gegenzug mittels massiven Einschüchterungen und Massakern Bauern von den Flächen vertrieben, die das Unternehmen für die Ausweitung seiner Plantagen vorgesehen hatte. Die Aussagen zeigten ebenso auf, dass dies in voller Mitwisserschaft der jeweiligen kolumbianischen Regierungen geschah, unter anderen der Regierung von Àlvaro Uribe.

Im Jahr 2011 erreichte die NSA die erstmalige Freigabe von 5.500 Dokumenten, die Chiquita den Justizbehörden übergeben hatte. Diese belegten die Aussagen der ehemaligen Paramilitärs wie Raúl Hasbún. Anfang 2013 stellte die NSA einen Antrag zur Freigabe von weiteren Dokumenten. Die dafür verantwortliche Kommission des US-amerikanischen Justizministeriums (Securities and Exchange Commission) gab grünes Licht für die Offenlegung von weiteren Tausend Dokumenten. Daraufhin zog Chiquita im April 2013 mit dem erklärten Ziel vor Gericht, die Freigabe zu verhindern. Die Anwälte des Multinationalen Unternehmens argumentieren, dass die Freigabe der Archive "unabänderlich" die Unparteilichkeit der Richter in den aktuell gegen Chiquita laufenden Prozessen gefährden würde. Zudem hätten die gegen das Unternehmen laufenden Prozesse "kein Fundament, da das Unternehmen erpresst wurde." Zudem versicherten sie, die NSA wolle nur an die Archive herankommen, um eine Medienkampagne gegen Chiquita zu starten.

"Dies sind völlig heuchlerische Plädoyers", erwiderte Jeffrey Gutman, der Anwalt der George Washington Universität, der die NSA vor Gericht vertritt in seinem Gegenplädoyer: "Chiquita wurde nicht erpresst, sondern machte offensichtlich Geschäfte mit den Paramilitärs zum eigenen Vorteil."

Eine endgültige richterliche Entscheidung über die Freigabe wird für Juli erwartet.