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Oberster Gerichtshof in Ecuador segnet militärische Abkommen mit den USA ab

USA beteiligen sich mit Geld, Personal und Ausrüstung am "Kampf gegen Gewaltkriminalität". Weitere Eskalation und Verlust der Souveränität befürchtet

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Generalin Richardson und der Sonderbeauftragte für den amerikanischen Kontinent, Christopher Dodd (mit weißem Bart) leiteten die US-Delegation in Ecuador
Generalin Richardson und der Sonderbeauftragte für den amerikanischen Kontinent, Christopher Dodd (mit weißem Bart) leiteten die US-Delegation in Ecuador

Quito. Ecuadors Präsident Daniel Noboa kann zwei Militärabkommen mit den USA ohne Zustimmung des Parlaments in Kraft setzen. Dies entschied der Oberste Gerichtshof des Landes.

Die beiden Abkommen, die noch unter Noboas Vorgänger Guillermo Lasso geschlossenen wurden, sehen die Unterstützung der USA bei der Bekämpfung "illegaler maritimer Aktivitäten" vor allem im Bereich des Drogenhandels und bei der Ausbildung der nationalen Sicherheitskräfte vor.

Ecuador verzichtet dabei auf die juristische Verfolgung von Verstößen, die von Soldaten und Zivilpersonal der USA begangen werden und erlaubt die Anwesenheit von Flugzeugen, Schiffen und Fahrzeugen des US-Verteidigungsministeriums auf seinem Hoheitsgebiet.

Washington bekräftigte in einem Kommuniqué nach der jüngsten Gewaltwelle erneut, dass es Ecuador unterstützen möchte. Um die weiteren Schritte zu vereinbaren, wurde eine hochrangige Delegation nach Quito entsandt.

Die beiden Ländern vereinbarten, dass die USA im Rahmen eines Fünfjahresplans über 93 Millionen US-Dollar in die Bereitstellung von militärischer Ausrüstung und Ausbildung sowie humanitärer Hilfe investieren werden.

Dies teilte Laura Richardson mit, Mitglied der US-Delegation und Leiterin des Southern Command der US-Streitkräfte, dem Hauptquartier für sämtliche militärische Operationen der USA in Lateinamerika.

Auch werde das FBI sein Personal im Land aufstocken, "um die Nationalpolizei und die Generalstaatsanwaltschaft Ecuadors zu unterstützen", hieß es aus dem Weißen Haus. Das FBI ist die zentrale Sicherheitsbehörde der USA und sowohl Strafverfolgungsbehörde als auch Geheimdienst.

Die Regierung Noboa erhofft sich, durch diese Unterstützung die Sicherheitslage im Land in den Griff zu bekommen. Diese hat sich in den letzten Jahren dramatisch verschlechtert, worunter auch die Wirtschaft des Landes leidet. Der Präsident hat nach einer weiteren Eskalation der Gewalt durch die organisierte Kriminalität vor knapp drei Wochen den "internen bewaffneten Konflikt" ausgerufen und für zwei Monate den Ausnahmezustand verhängt (amerika 21 berichtete).

Um sich selbst weitreichende Vollmachten zu sichern, hat die Regierung in ihrem Maßnahmenpaket 22 Gruppierungen, die sie als hauptverantwortlich für die Gewalt im Land sieht, als "terroristische Organisationen" eingestuft. Seitdem sollen 3.400 Personen verhaftet, sowie fünf Personen bei den Einsätzen getötet worden sein, darunter auch zwei Polizisten. Tausende Waffen, hunderte Fahrzeuge und über 35 Tonnen Drogen seien sichergestellt worden.

Noboa zufolge soll durch diese Maßnahmen die Zahl der Todesfälle im Land von 28 pro Tag auf drei pro Woche gesunken sein. Trotz dieser gemeldeten Erfolge gab es in dem Zeitraum zahlreiche Angriffe auf die Infrastruktur der Polizei sowie auf öffentliche Einrichtungen.

Außerdem wurde Staatsanwalt Cesar Suarez erschossen. Er hatte vergangenes Jahr aufgedeckt, wie das organisierte Verbrechen verschiedene Institutionen, einschließlich des Justiz- und Sicherheitssystems, durchdrungen hat.

Das Politikmagazin Viento Sur berichtet Ähnliches. Demnach wäscht die Gruppe Los Choneros ihr Geld in der Immobilienverwaltung und durch öffentliche Arbeiten, während andere Banden in verschiedenen Sektoren der Privatwirtschaft Fuß gefasst haben. So soll die Gruppe Los Lobos im Verbund mit dem mexikanischen Cártel de Jalisco Nueva Generación mindestens 20 Bergbaukonzessionen kontrollieren.

Viento Sur prangert an, dass sich der bewaffnete Konflikt im Land im Wesentlichen gegen die arme und oftmals nicht-weiße Bevölkerung richtet, während die Dynastien der Unternehmer:innen, die vom Kokainhandel profitieren, darunter auch Noboas eigene Familie, weitestgehend unbehelligt blieben.

Weitere Stimmen haben Kritik an der Regierung geäußert, besonders am US-Einsatz im Land.

So sagte Ex-Präsident Rafael Correa dazu: "Wann hat sich die Einmischung der USA in diese Angelegenheiten jemals ausgezahlt? Kolumbien hat sieben Gringo-Militärbasen und ist der wichtigste Drogenproduzent der Welt. Ich befürchte einen Plan Colombia in Ecuador und ich glaube, dass sie genau darauf zusteuern."

Ähnlich kritisch äußert sich Leonidas Iza, Präsident der einflussreichen Indigenen Konföderation Conaie. Er wirft der Regierung vor, dass sie die Souveränität an die USA abtreten würden, die nur an der Sicherung strategischer Ressourcen interessiert seien.

Kritik gibt es weiterhin an den Plänen des Präsidenten zur Finanzierung seiner Operationen gegen das organisierte Verbrechen. Noboa zieht in Erwägung, die Kraftstoffsubventionen zu kürzen. Zudem will er die Mehrwertsteuer von 12 auf 15 Prozent anheben und plant eine Verlängerung der Ölförderung im Regenwaldgebiet von Yasuní.

Micaela Camacho vom feministischen Kollektiv Cholas Valientes lehnt dies vehement ab : "Wir weigern uns, den patriarchalischen und rassistischen Krieg zu finanzieren und wir prangern das Wirtschaftspaket als verdeckte Antwort auf die Krise an. Die Eliten wollen die Umweltzerstörung fortsetzen, indem sie die Krise ausnutzen und weiterhin die Schwächsten treffen."

Auch Iza äußerte sich kritisch zu den Plänen des Präsidenten und sagte, dass es wesentlich sinnvoller wäre, die massiven Steuerhinterziehungen einzudämmen.

Noboas Popularität ist dennoch laut dem Meinungsforschungsinstitut Ipsos derzeit recht groß: Laut einer aktuellen Umfrage haben 69 Prozent der Bevölkerung dem Präsidenten ihr Vertrauen ausgesprochen.