"Woche des Terrors" in Ecuador, Ausnahmezustand in Gefängnissen und Provinzen

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Am 24. und 28. Juli griffen in Ecuador Soldaten im Gefängnis Litoral ein
Am 24. und 28. Juli griffen in Ecuador Soldaten im Gefängnis Litoral ein

Quito. Gewalt in den Gefängnissen und auf den Straßen sowie ein Skandal um einen angeblichen Pakt zwischen der Regierung von Präsident Guillermo Lasso und Drogenbanden haben die vergangene Woche in Ecuador geprägt.

Lasso verhängte am 24. Juli einen 60-tägigen Ausnahmezustand über alle Gefängnisse des Landes, da es in diesen Einrichtungen "ernste interne Unruhen" gebe und 137 Beamte als Geiseln genommen worden seien.

Noch am selben Tag griffen 2.700 Soldaten in der Haftanstalt Litoral der Küstenstadt Guayaquil ein, um die drei Tage zuvor begonnenen Unruhen unter Kontrolle zu bringen. Daraufhin brach erneut die Gewalt in Städten wie Esmeraldas und Guayaquil aus. Dort zündeten Kriminelle Fahrzeuge an, griffen staatliche Einrichtungen mit Sprengstoff an und es kam zu Schießereien auf öffentlichen Plätzen sowie anderen Straftaten.

Nach diesen Ereignissen riefen die Anführer mehrerer Drogenbanden zur Ruhe auf und erklärten, sie hätten einen Pakt mit der Regierung geschlossen. Lasso wies dies kategorisch zurück und versicherte, er werde nicht mit denjenigen verhandeln, die außerhalb des Gesetzes stünden.

Obwohl eine relative Ruhe erreicht wurde, hat die Gewalt zunächst nicht aufgehört. Am Freitag wurden zwei Polizisten in Samborondón, Guayas, ermordet. In Esmeraldas gab es Schießereien zwischen Soldaten und Bandenmitgliedern.

Ebenfalls am Freitag stürmten Soldaten erneut das Gefängnis Litoral, "um die Kontrolle zu erlangen und die Sicherheit in diesem Gefängnis zu gewährleisten", wie es seitens der Streitkräfte hieß.

Der Präsident hatte am Montag den Ausnahmezustand und Ausgangssperren in den Provinzen Manabí und Los Ríos sowie in der Gemeinde Durán in Guayas verhängt, um die Unsicherheit in diesen Gebieten einzudämmen. Diese Maßnahme wandte er in der laufenden Amtszeit bereits mehr als zehn Mal an. Die Zahl der gewaltsamen Todesfälle nimmt indes weiter zu.

Eines der Opfer war der Bürgermeister von Manta ‒ der drittgrößten Stadt Ecuadors ‒, Agustín Intralgo, der am vergangenen Sonntag erschossen wurde, als er die Einweihung einer Baustelle in der Stadt verließ. Bei dem bewaffneten Angriff wurde auch die Fußballerin Ariana Estefanía Chancay getötet, mehrere Personen wurden verletzt.

In den letzten Wochen wurden weitere Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, politische Kandidaten und Journalisten angegriffen oder erhielten Morddrohungen.

Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, äußerte am Donnerstag seine "tiefe Besorgnis" über die jüngste Zunahme der Gewalt, die zum Teil von Banden angeheizt wird. Diese konkurrierten um die Kontrolle über den Drogenhandel wie auch die Bandengewalt innerhalb und außerhalb des Gefängnissystems. Er forderte die Regierung zu einer umfassenden Reform des Strafrechtssystems auf, einschließlich der Gefängnisse, die häufig Schauplatz von Unruhen sind.

Allein in der vergangenen Woche wurden bei Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Banden im Litoral-Gefängnis 31 Häftlinge getötet und zwölf verletzt. In den letzten zwei Jahren sind mehr als 450 Gefangene bei solchen Unruhen gestorben sind, also im Gewahrsam des von Lasso geführten Staates.

Die Bevölkerung fordert von der Regierung wirksame Maßnahmen zur Eindämmung der Unsicherheit. Dies erweist sich jedoch als schwierig, wenn das Innenministerium die zugewiesenen Haushaltsmittel nicht zur Stärkung der Sicherheitskräfte einsetzt. In der ersten Jahreshälfte gab das Ministerium nur 8,8 Prozent der 96,9 Millionen US-Dollar aus, die für die Verbrechensbekämpfung vorgesehen waren. Das wiederum bedeutet, dass es der Polizei an Ausrüstung und Schutz fehlt.

Der Regierung Lasso gelingt es nicht, die Gewalt zurückzudrängen und den kriminellen Handlungen Einhalt zu gebieten, trotz dem seit März in mehreren Provinzen und Städten verhängten Ausnahmezustand. Es wächst die Besorgnis darüber, wie stark sich diese Situation auf das Wahlszenario auswirken könnte.

Für den kommenden 20. August sind Präsidentschafts- und Parlamentswahlen angesetzt. An diesem Tag sollen zudem die Volksabstimmungen über die Ölförderung in einem Gebiet des Yasuní-Nationalparks und über den Bergbau im Chocó Andino, einem Biosphärenreservat nordwestlich der Hauptstadt Quito, durchgeführt werden.