Venezuela

Verfassungsreform-Vorschlag ruft heftige Reaktionen der Opposition hervor

Die von Präsident Hugo Chávez vorgeschlagene Reform der Venezolanischen Verfassung hat Kritik und Besorgnis in verschiedenen Lagern der Opposition ausgelöst.

Oppositionsführer Manuel Rosales lehnte den Vorschlag sofort als "Verfassungs-Putsch" ab und kündigte die Mobilisierung für eine Gegenkampagne an. Andere äußerten ihre Besorgnis über die Änderungen beim Arbeitsrecht und die Aufnahme des Sozialismus in die Verfassung. "Der Vorschlag des Präsidenten ist ein Verfassungs-Putsch", sagte Manuel Rosales, der Parteichef von Un Nuevo Tiempo (Eine Neue Ära) und ehemalige Präsidentschaftskandidat, bei einer Pressekonferenz. Rosales bezeichnete die Reform als Beleg für Chavez" "Narzissmus" und "autoritären Militarismus".

Chávez hatte seinen Vorschlag für eine Verfassungsänderung am Mittwoch letzter Woche im Parlament vorgestellt. Dort hatte er erklärt, dass die Änderungen notwendig seien um zu einer "neuen Gesellschaft" zu gelangen und den Übergang zum Sozialismus abschließen zu können. Die Absicht sei "die alte oligarchische Ausbeuter-Hegemonie" abzuschaffen und die sozialistische Revolution zu vertiefen, so Chávez. Dessen Gegner sehen die vorgeschlagene Reform jedoch als einen Versuch des Präsidenten auch nach 2012, wenn seine derzeitige Amtszeit endet, an der Macht zu bleiben und die Macht in seinen Händen zu zentralisieren. Viele Kritiker behaupten, Chávez versuche eine kommunistische Diktatur nach dem Vorbild Fidel Castros in Venezuela zu errichten.

"Wir werden von Ort zu Ort gehen und die Bevölkerung mobilisieren um diesem versuchten Verfassungs-Putsch entgegenzutreten," versprach Rosales. "Eine Verfassungsreform wird nicht benötigt. Was die Leute wollen, ist dass diese Verfassung eingehalten wird", sagte er.

Rosales kritisierte Chávez auch für die angebliche "Zerstörung" der staatlichen Ölgesellschaft PdVSA und behauptete, dass keine der von Chávez vorgeschlagenen Reformen der Bevölkerung zu Gute kämen. Er warf Chávez vor, die Bevölkerung zu belügen und zu versuchen sie zu täuschen, indem er in die Reform "populistische Mittel die keiner Verfassungsreform bedürfen" mit aufgenommen habe. "Die Menschen wissen nicht, dass man keine Verfassungsreform braucht um die Arbeitszeiten von 8 auf 6 Stunden täglich zu reduzieren", sagte er. "Auch für die Legalisierung der Gemeinderäte oder die Sozialmissionen ist keine Reform nötig. Ein Dekret wäre dafür ausreichend gewesen. Deshalb glaube ich, dass er die Leute in die Irre führt und täuscht, denn [Chávez] ist ein Lügner", erklärte Rosales.

Auch andere Oppositionspolitiker reagierten auf den Reform-Vorschlag, nachdem sie sich mit den Details der Reform auseinander gesetzt hatten. Hermann Escarrá, ehemaliges Mitglied des Parlaments und Mitautor der Verfassung von 1999, nannte die Veränderungen einen "präsidialen Staatsstreich" und kritisierte die Reform, da sie Verfassungsgrundsätze verletze, wie die Begrenzung der Amtszeit des Präsidenten auf zwei Amtsperioden. Verfassungsexperte Asdrubal Aguiar behauptete, die Reform würde die Verfassung zu einer "Kopie der kubanischen Verfassung" machen. "Die Frage ist, ob durch demokratische Mittel wie Volksabstimmungen ein undemokratisches Modell legitimiert werden soll", sagte er.

Bedenken kamen auch aus der Privatwirtschaft: Der Präsident der Unternehmervereinigung Conindustria, Ismael Perez Vigil, gab sich besorgt, dass die Arbeitszeitverkürzung von 8 auf 6 Stunden die Industrie des Landes negativ beeinflussen könnte und dass es weiterer Aufklärung über das Vorhaben bedürfe. "Wenn wir einen bestimmten Lohn für acht Stunden bezahlen, sagen wir dann, wir zahlen den gleichen Lohn bei kürzerer Arbeitszeit?" fragte er. Er merkte an, dass die verkürzte Arbeitszeit höhere Kosten für die Unternehmen bedeuten würde. "Sie reden über Privateigentum und seine Verwendung, aber sie sagen nichts über den Transfer oder Besitz, wie in der momentanen Verfassung. Ich meine, du bist frei es zu benutzen, aber bist du auch frei es loszuwerden?", fragte Vigil.

Andere Geschäftsleute äußerten auch Bedenken über die neue Definition von Eigentum. Die größte Unternehmerorganisation Fedecamaras gab noch keine Stellungnahme ab, man prüfe noch die vorgeschlagenen Veränderungen der Verfassung, so der Verband.

Vicente Diaz vom Nationalen Wahlrat (CNE) ist der Meinung, dass die Vorschläge von Präsident Chávez über eine einfache Verfassungsreform hinausgingen und einer verfassungsgebenden Versammlung bedürften. Diaz führte an, dass Artikel 342 der Verfassung besage, dass eine Verfassungsreform nur für eine "teilweise Revision" genutzt werden könne, aber nicht die Grundprinzipien und Struktur des Dokuments beeinflussen dürfe. (Anm.d.Red.: Chávez schlägt vor, 33 der 350 Artikel abzuändern.)

Diaz stellte auch die Bezeichnung "sozialistischer Staat" in der Verfassung in Frage. "Wenn Venezuela zum sozialistischen Staat erklärt wird, was passiert dann mit dem politischen Pluralismus? Werden die Aktivitäten von Parteien, die sich liberal oder kommunistisch nennen dann nicht mehr verfassungskonform sein?" Diaz mahnte an, dass das Parlament "die Vorschläge des Präsidenten sehr gründlich durchgeht um allen Venezolanern zu garantieren, dass die Reformen nicht die Grundprinzipien der Verfassung verändern."