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Fidel Castro will in Altersteilzeit

Revolutionsführer kündigt Rückzug aus der aktiven Politik an. Nun wird er "Erfahrungen und Ideen" einbringen

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Fidel Castro will in Altersteilzeit
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Havanna. Nach 47 Jahren nimmt Kubas Staats- und Regierungschef Fidel Castro offenbar Abschied von der aktiven Politik. Am Ende eines offenen Briefes, in dem es eigentlich um das Thema Klimaschutz ging, erklärte sich der 81jährige bereit zum Rückzug. Schon Ende Juli 2006 hatte der langjährige Revolutionsführer die Regierungsgeschäfte an seinen gesetzlichen Stellvertreter und Bruder Raúl Castro übergeben. In der Stellungnahme an die politische Diskussionssendung "Runder Tisch" schrieb Castro am Montag, es sei nicht seine Pflicht, sich "an Ämter zu klammern, und noch viel weniger möchte ich Jüngeren den Weg versperren". Auch nach seinem Abschied aus der aktiven Politik würde er aber weiterhin bereitstehen, um "Erfahrungen und Ideen beizutragen, deren bescheidener Wert aus einer außerordentlichen Epoche stammt, in der ich gelebt habe".

Fidel Castro hatte sich seit fast eineinhalb Jahren nicht mehr in der Öffentlichkeit gezeigt. Nach einer schweren Darmerkrankung meldete er sich in den vergangenen siebzehn Monaten nur noch aus dem Krankenzimmer zu Wort. Video- und Fotoaufnahmen zeigten den ehemaligen Guerillero mal von Krankheit gezeichnet, mal in besserer Verfassung. 60 Kolumnentexte veröffentlichte er in dieser Zeit in der nationalen Presse, im kubanischen Fernsehen wurden zwei längere Interviews ausgestrahlt und dreimal telefonierte er mit seinem venezolanischen Amtskollegen Hugo Chávez. In jedem Fall boten die Wortmeldungen Anlass zu Spekulationen.

Gerüchte löste auch die Kandidatur des Comandante zur Nationalversammlung Anfang dieses Monats aus. Am 20. Januar werden in Kuba die Wahlen der Mitglieder des Ein-Kammer-Parlaments ausgerichtet werden. Entgegen der Einschätzung von Beobachtern ließ seine Benennung als Anwärter eine Rückkehr Fidel Castros an die Staatsspitze vermuten. Denn aus den 614 Abgeordneten des Parlaments werden die 31 Mitglieder des Staatsrates gewählt. Dessen Vorsitzender ist zugleich Präsident. Fidel Castro nahm diesen Posten wahr, seit Kuba das System in dieser Form 1976 etabliert hatte.

Nun setzt Fidel Castro nicht nur den Spekulationen über seine politische Zukunft ein Ende. Er bringt auch diejenigen in die Bredouille, die einen Abtritt des "Diktators" vehement ausgeschlossen haben. Die Situation gleicht ein wenig der Lage nach dem jüngsten Referendum um eine Verfassungsreform in Venezuela. Auch dabei stellte ein bedeutender Teil westlicher Medien von vornherein in Abrede, dass der linke Präsident, der, so meinte etwa das deutsche Handelsblatt, "wie ein Diktator" regiert, eine Niederlage eingestehen könnte. Doch Chávez akzeptierte das Scheitern mit einer ebensolchen Souveränität, mit der sich Castro nun in den verdienten Ruhestand zurückzog.

Aus der Politik hat er sich natürlich nicht verabschiedet. Er wolle, schreibt Fidel Castro, "bis zum Ende konsequent bleiben", um auf den brasilianischen Architekten und Kommunisten Oscar Niemeyer zu verweisen. Dieser hat vor wenigen Tagen seinen 100. Geburtstag gefeiert.


Den Originaltext in der Tageszeitung junge Welt finden Sie hier.