Amerikas

Militärpakt in Südamerika geplant

Brasilien und Venezuela drängen auf neues Abkommen - ohne die USA. Lehren aus jüngster Krise mit Kolumbien

Caracas/Brasilia. Brasilien und Venezuela drängen zunehmend auf die Gründung eines südamerikanischen Militärbündnisses. Das erklärte der brasilianische Verteidigungsminister Nelson Jobim zu Wochenbeginn bei einem Besuch in Caracas. Jobim bereist derzeit südamerikanische und karibische Staaten, um für die Gründung eines "Südamerikanischen Verteidigungsrates" zu werben. Entsprechende Gespräche in Argentinien, Brasilien, Bolivien und Ecuador seien bereits positiv verlaufen, sagte der brasilianische Politiker auf einer Pressekonferenz in der venezolanischen Hauptstadt.

Politische Beobachter führend die Initiative auf einen Angriff der kolumbianischen Armee auf Ecuador zurück. Anfang März hatten kolumbianische Luftwaffe und Heer ein Lager der Rebellenorganisation "Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens" (FARC) auf ecuadorianischem Territorium überfallen und rund 20 Menschen getötet, unter ihnen den FARC-Kommandanten Raúl Reyes. Nach unbestätigten Berichten war die US-Armee an dem völkerrechtswidrigen Angriff beteiligt, der fast zu einem Krieg Kolumbiens mit Ecuador und Venezuela geführt hatte.

Die Reise Jobims ist nun das diplomatische Nachspiel. Mit großer Sorge haben andere Staaten der Region wahrgenommen, dass sich Kolumbien bei dem Angriff auf Ecuador auf ein vermeintliches Selbstverteidigungsrecht berufen hatte. In der lateinamerikanischen Presse wurde wiederholt darauf hingewiesen, dass Israel bei seiner aggressiven Militärpolitik im Nahen Osten ähnlich argumentiert.

Brasiliens Verteidigungsminister Jobim zeigte sich vor diesem Hintergrund davon überzeugt, dass ein "Südamerikanischer Verteidigungsrat" bis zum Ende dieses Jahres entstehen könnte. Ziel sei dabei jedoch nicht eine offensive Ausrichtung, der Fokus solle vielmehr auf die Entwicklung einer gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik gelegt werden. Durch die Schaffung eines gemeinsamen Forums der südamerikanischen Staaten sollen Konflikte zudem im Vorfeld bereinigt werden. Möglich sei auch der Austausch von militärischem Personal, gemeinsame Manöver und die Beteiligung an UN-Missionen, sagte Jobim.

Venezuelas Präsident Hugo Chávez schlug vor, das Verteidigungsbündnis der Südamerikanischen Staatenunion Unasur anzugliedern, das vor einem Jahr auf venezolanische Initiative hin gegründet worden war. Wenn ein Nordatlantischer Verteidigungspakt, die NATO, existiere, fügte Chávez an, "was hält uns dann davon ab, eine SATO zu gründen - ein Südatlantisches Verteidigungsbündnis?" Chávez und Jobim stimmten darin überein, dass die USA bei dem geplanten Bündnis außen vor bleiben müssten.