Kolumbien

Flunkern mit Uribe

Schweizer Radiosender behauptet, für die Befreiung der 15 FARC-Gefangenen seien 20 Millionen US-Dollar bezahlt worden

Bogotá. Der kolumbianische Verteidigungsminister Juan Manuel Santos dementiert, dass für die Befreiung von Ingrid Betancourt und 14 weiterer Gefangenen Geld an die FARC-Guerilla geflossen sei. Das meldete am Freitag der Schweizer Radiosender RSR auf Berufung auf eine "verlässliche Quelle". Demnach seien 20 Millionen US-Dollar an den Comandante "César" der Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC) geflossen.

Die Initiative für den Freikauf sei von den USA ausgegangen. Unter den Befreiten befanden sich drei US-Söldner, die für die Bundespolizei FBI und die Antidrogenbehörde DEA in dem südamerikanischen Land tätig waren. Die US-Bürger wurden unmittelbar nach ihrer Freilassung nach Texas ausgeflogen. Das fiel nicht weiter auf, weil die Medien sich einzig und allein auf die Ex-Präsidentschaftskandidatin Ingrid Betancourt konzentrierten. Die offizielle Version der kolumbianischen Regierung zu den Ereignissen lautet, ihr sei es gelungen, die Guerilla zu infiltrieren und so zu veranlassen, ihre Top-Gefangenen einer fiktiven "internationalen Kommission" zu übergeben. In den bereitgestellten Hubschraubern warteten als Guerilleros getarnte Geheimagenten, die kurz nach dem Start "César" und seinen Adjutanten überwältigten und die Gefangenen in die Freiheit ausflogen.

Zweifel an der offiziellen Darstellung von Präsident Álvaro Uribe wurden schon am Freitag laut. Der spanische Journalist Pascual Serrano verwies auf der Internetseite www.rebelion.org auf die Verhandlungen, die kurz vor der filmreifen Aktion zwischen französischen und Schweizer Unterhändlern und der FARC stattfinden sollten. Darüber berichtete unter anderem die spanische Tageszeitung El País am 1. Juli. Einen Tag später waren die Gefangenen frei. Der Hollywood-reife "Handstreich" kam zu einem Augenblick als Uribe innenpolitisch unter starkem Druck stand. Gerade hatte man festgestellt, dass 2004 Abgeordnete bestochen wurden, damit sie der Verfassungsänderung zustimmten, die seine Wiederwahl als Präsident ermöglichte. Darüber redet jetzt niemand mehr.

Während Serrano es offen lässt, wie die Befreiung letztendlich stattfand, spekuliert die linke kolumbianische Nachrichtenagentur ANNCOL, der Comandante "César" könnte die Seiten gewechselt haben. Diese Möglichkeit untermauert der RSR-Journalist Friederich Bessel. Die venezolanische Internetseite aporrea.org zitiert ihn dahingehend, dass die Verhandlungen nicht mit der Führungsebene der FARC, dem Sekretariat, geführt wurden, sondern mit "César". Dem widerspricht im Moment nur die Tatsache, dass die kolumbianische Armee der Presse den grün- und blaugeschlagenen Guerillero vorgeführt hat. Mit bürgerlichem Namen soll er Gerardo Aguilar heißen. Vor einigen Wochen haben sowohl Spanien als auch Frankreich und die Schweiz den FARC-Guerilleros angeboten, ihnen Asyl zu gewähren, wenn sie die Waffen niederlegen.