Amerikas

"Land des Anstands"

Der designierte Präsident Lugo will das korrupte Paraguay auf einen neuen Weg führen. Mit einer Landreform soll der Hunger bekämpft werden

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"Land des Anstands"
Fernando Lugo nach dem Wahlsieg

Asunción. Der designierte Präsident Paraguays, Fernando Lugo, will den südamerikanischen Staat zu einem "Land des Anstands" machen. Seine Regierung werde sich durch Offenheit, Ehrlichkeit und Transparenz auszeichnen, versprach der ehemalige katholische Bischof in einem Exklusivinterview mit IPS. Bei den Präsidentschaftswahlen am 20. April hatte der Befreiungstheologe Lugo einen historischen Sieg errungen. Mit 41 Prozent der Stimmen löst er die Colorado-Partei nach 61 Jahren Herrschaft ab. Nach den Erhebungen von "Transparency International" gehört Paraguay zu den korruptesten Staaten Lateinamerikas.

"Wir müssen das Bild Paraguays als ein korruptes, ausgeblutetes Land, das jede Hoffnung verloren habe, ändern", erklärte der 56jährige. Er hoffe, dass Paraguay die Herausforderung annehme und in kurzer Zeit zu einem ehrenwerten Land werde. Die Niederlage der Colorado-Partei führt er darauf zurück, dass sie jegliche Verbindung zur Basis verloren habe und innerlich zerstritten sei.

Das vorrangige Ziel müsse der Aufbau eines neuen Paraguays sein. Als einen der ersten Schritte werde er sich um das Schicksal der indigenen Völker kümmern, so Lugo. "Kein Ureinwohner sollte mehr an Tuberkulose oder an Hunger sterben. Es darf nicht sein, dass die eigentlichen Herren des Landes nichts zu Essen haben."

Paraguays künftiger Staatschef kündigte ferner an, die Energiefragen mit Brasilien und Argentinien zu erörtern, die versprochene Landreform anzugehen und die Unabhängigkeit der Justiz in der Verfassung zu verankern. Die Verträge über die Kraftwerke Itaipú und Yacyretá, die Paraguay gemeinsam mit Brasilien und Argentinien betreibt, will der studierte Sozialwissenschaftler neu verhandeln, um "gerechtere Preise" zu erzielen. Die so gewonnenen Mittel will er für die Verbesserung des Gesundheits- und des Bildungswesens einsetzen.

Außenpolitisch setzt der ehemalige Bischof der zentralparaguayischen Diözese San Pedro de Ycuamandiyú, einer der ärmsten Regionen des Landes, auf die Stärkung des gemeinsamen süd­amerikanischen Marktes MERCOSUR, dem neben Paraguay auch Argentinien, Brasilien, Uruguay und Venezuela angehören.

Paraguay dürfe nicht weiterhin isoliert sein, denn allein komme das Land nicht voran, sagte Lugo. "Ich träume noch immer von einem vereinten Lateinamerika, wie es Simón Bolívar und José de San Martín getan haben", erklärte Lugo unter Anspielung auf die beiden legendären Revolutionäre, die einst für die Befreiung Südamerikas von der spanischen Kolonialherrschaft kämpften. Insbesondere strebt Lugo enge Beziehung zu Bolivien an. "Ich will mit Präsident Evo Morales über seine Erfahrungen bei den Verhandlungen mit Brasilien und Argentinien über die Gaspreise sprechen", sagte Lugo.


Den vollständigen Originaltext des Artikels in der Tageszeitung junge Welt finden Sie hier.

Bei Telepolis finden Sie außerdem einen Artikel über Lugo von amerika21.de-Redakteur Harald Neuber.

Bildquelle: fernandolugo.blogspot.com