Venezuela

"Einen Schritt vorwärts"

amerika21.de sprach mit der Verantwortlichen für die Solidaritätsarbeit im venezolanischen Außenministerium, Ginette González

Amsterdam. Auf dem dreitägigen Treffen europäischer Solidaritätsgruppen in Amsterdam vertrat Ginette González ihren Vizeminister für Europa, Alejandro Fleming, der gerade mit dem venezolanischen Vizepräsidenten Ramón Carrizalez Weißrussland und Russland besucht. Im Außenministerium gehört die Diplomatin zum Stab des Ministers Nicolás Maduro. Zu ihrem Aufgabenbereich zählt auch die Solidaritätsarbeit in Europa. González ist aktives Mitglied der Vereinten Sozialistischen Partei Venezuelas (PSUV) von Präsident Hugo Chávez. Amerika21.de-Redakteur Ingo Niebel führte das Interview am Freitag nach der Auftaktveranstaltung.

In Ihrem Vortrag haben Sie erwähnt, dass Sie keine Karrierediplomatin sind, sondern von der Basis her kommen. Könnten Sie das etwas genauer ausführen?

Bevor ich ins Ministerium wechselte, machte ich bereits von Venezuela aus Solidaritätsarbeit mit Kuba, El Salvador, Nicaragua und anderen Ländern. Die andere Seite der internationalen Solidaritätsarbeit kenne ich auch: Als ich in Madrid meinen Doktor in Sozial- und Politikwissenschaften machte, engagierte ich mich für die Solidaritätsarbeit mit Venezuela. Ich reiste quer durchs Land zu unterschiedlichen Universitäten, um die Leute und die Mechanismen der bereits existierenden Soliarbeit kennenzulernen.

Welche Vorteile brachte das für Ihre Arbeit im Ministerium?

Der Vorteil war, dass ich genau das richtige Profil besaß, als man im Außenministerium Menschen mit Auslandserfahrung für diesen Aufgabenbereich suchte. In Venezuela ist das gar nicht so einfach, weil für die Mehrheit der Leute, die Möglichkeiten ins Ausland zu gehen, sehr begrenzt sind. Im Ministerium habe ich dann auch den traditionellsten Teil der diplomatischen Arbeit kennengelernt, als ich auf meinem Posten als Direktorin für Europa für unsere Botschaften tätig war. Für mich waren beide Seiten eine gute Schule. So kenne ich sehr gut die Beschränkungen, die die traditionelle diplomatische Arbeit mit sich bringt, auch wenn wir dieser die "Diplomatie der Völker" gegenüberstellen. Wie bereits angesprochen, ist das größte Problem, dass man uns verwirft, wir würden uns so in die inneren Angelegenheiten eines Staates einmischen. Daher wurden schon zahlreicher unserer Botschafter ausgewiesen. Das geschah zwar nicht Europa, aber unsere Vision von der Diplomatie der Völker wird nicht gerne sehen.

Welches sind die größten Hindernisse, die Sie für die Solidaritätsarbeit hier in Europa sehen?

Wie schon gesagt, ich möchte niemanden verletzen, aber die Schwächung der Linken gehört dazu, weil man nicht nur solidarisch mit anderen Regionen der Welt sein muss, sondern auch in Europa und im eigenen Land. Wir müssen zusammen arbeiten, aber es hat zu viele Spaltungen gegeben: Wir sind drei und schon spalten wir uns... Und dann gibt es immer noch die vorherrschende Sichtweise, dass man den armen, kleinen Lateinamerikaner mal helfen müsste. Und den Opportunismus, den darf man auch nicht vergessen. Aber dann ist da der Austausch. Der ist unglaublich. Da ist zum Beispiel die Partei Die Linke aus Deutschland. Sie kamen zu mir in meine PSUV-Ortsgruppe und wir tauschten uns aus. Das hat uns trotz aller Unterschiede gegenseitig bereichert. Und das kann uns helfen, voran zu kommen.

In diesen Tagen ist viel die Rede vom Iran gewesen, von angeblich gefälschten Wahlergebnissen, Massendemonstrationen und Gewalt. Hat Sie als Venezolanerin die Berichterstattung der Medien des Nordens an das erinnert, wann man über Ihr Land während des Putsches 2002 und des so genannten "Ölstreiks" 2002/2003 zu hören bekam?

Eine Sache ist das Recht der Menschen, ihre Kritik zu äußern. Eine andere ist die Berichterstattung und dabei muss nicht auf CNN schauen, es reicht der Blick auf die venezolanischen Oppositionsmedien. Diese stellen den Rivalen von Mahmud Ahmadinedschad, Hossein Mussawi, als "den Demokraten, den Liberalen, als denjenigen, dem die Frauen und die Jugend folgen" dar. Die Unterstützung für Ahmadinedschad erklären sie hingegen abwertend damit, dass er ja Programme für die Bauer und für die Ärmsten umgesetzt habe. Dahinter steht ein Drehbuch und das geht nicht nur auf den April 2002 zurück, sondern es reicht bis in die Gegenwart. Dasselbe geschieht bei uns mit der "Studentenbewegung". Die gibt es auch so nicht, wie sie dargestellt wird.

Welche Erwartungen verbinden Sie mit diesem Treffen in Amsterdam?

Ich denke, es ist wichtig, dass wir trotz aller Unterschiede zusammen gekommen sind. Sicherlich sind nicht alle gekommen, weil sie nicht konnten. Dieser Schwierigkeit bin ich mir bewusst und wir müssen sehen, wie wir damit zukünftig umgehen. Wichtig ist eine Fortsetzung mit derselben Methodologie, dass wir einen Schritt vorwärts und zu einem Konsens kommen. Die Bolivarische Revolution soll auch ein Platz des Zusammenkommens sein, wo sich progressive Gruppen aus Europa austauschen können. Ich werde, wenn möglich, an allen drei Workshops teilnehmen, weil ich die Solidaritätsarbeit von Venezuela aus fortführen werde.