Verbraucherschützer kritisiert "Putsch-Strategie"

Neuer Leiter der Behörde für Verbraucherschutz in Venezuela sagt Spekulation den Kampf an. Nach Korruptionsfällen wird die Behörde neu organisiert

saman.jpg

Eduardo Samán, neuer und alter Leiter von Indepabis
Eduardo Samán, neuer und alter Leiter von Indepabis

Caracas. Als "Putsch-Strategie" hat der neue Leiter der venezolanischen Verbraucherschutzbehörde (Indepabis), Eduardo Samán, die gezielte Verknappung von Lebensmitteln und Gütern des täglichen Bedarfs bezeichnet. Die wirschaftliche Elite Venezuelas und die rechtsgerichtete Opposition setzen diese nach Ansicht von Samán ein, um gezielt Unzufriedenheit in der Bevölkerung zu schüren.

Im Gespräch mit dem Journalisten José Vicente Rangel im privaten TV-Sender Televen, sagte Samán, die venezolanische Rechte ziele auf einen wirtschaftlichen Schlag ab, wie er vor 40 Jahren beim Sturz von Salvador Allende durchgeführt wurde. Dass die Sabotage der Wirtschaft damals eine wichtige Rolle spielte, würden auch Dokumente belegen, die inzwischen vom US-Außenministerium freigegeben wurden.

Eduardo Samán verwies auf ähnliche Praktiken in Venezuela. In Wahljahren habe es mehrfach Versorgungsprobleme gegeben, so im Jahr 2007, als es um die Verfassungsreform ging und ein großer Mangel an Milch herrschte. Ähnliches ließ sich in den Wahljahren 2009 und 2010 feststellen. "Nach den Wahlen tauchten die Produkte wieder auf", so Samán. In diesem Jahr erreichte die Knappheit ihren Höhepunkt im April, dem Monat der Präsidentschaftswahlen. Schwer zu erhalten waren etwa Maismehl, Speiseöl, Zahnpasta und Toilettenpapier.

Es gebe derzeit Probleme bei der Versorgung mit einigen Produkten, die aus den staatlich regulierten Läden entfernt wurden, um dann zu spekulativen Preisen verkauft zu werden. Damit solle Angst, Wut und Unbehagen in der Bevölkerung erzeugt werden, "in einem Spiel, das gut geplant und bereits in anderen Ländern getestet ist." In seiner Amtszeit werde er den Kampf gegen Spekulation und das Horten von Lebensmitteln verstärken.

Der Marxist Eduardo Samán war bereits 2008 Leiter der Verbraucherschutzbehörde, bevor er zum Handelsminister ernannt wurde. Präsident Nicolás Maduro berief ihn im vergangenen Juni im Zuge einer Umstrukturierung von Indepabis zum neuen Leiter der Behörde. Dies geschah nach der Aufdeckung eines Erpresser-Ringes innerhalb dieser staatlichen Stelle. Hochrangige Mitarbeiter hatten Geschäften mit Schließung gedroht, wenn deren Besitzer nicht zu Geldzahlungen bereit waren. Inzwischen sind drei leitende Angestellte in Haft. Präsident Nicolas Maduro entließ den nationalen Direktor der Behörde. Vor einigen Tagen verhaftete die Polizei auch den nationalen Kontrolleur von Indepabis, Daivis Lizcano.

Die Verbraucherschutzbehörde überwacht unter anderem die Einhaltung der festgelegten Preise für Grundnahrungsmittel, um Spekulation zu verhindern. Indepabis soll nun verstärkt Import-Unternehmen kontrollieren. Ziel ist, gegen die illegalen Aktivitäten von Unternehmen vorzugehen, die für Import- oder Produktionszwecke bewilligte Devisen nutzen, um sie auf dem Schwarzmarkt zu verkaufen und Gewinne zu machen. Der offizielle Wechselkurs liegt bei 6,4 Bolívar, der Schwarzmarktkurs bei 30 Bolívar für einen US-Dollar. Jetzt wollen Indepabis und die Devisenverwaltungsbehörde CADIVI stärker zusammenarbeiten um sicherzustellen, dass die staatlich gewährten Devisen für die vorgesehen Zwecke verwendet werden.

Eduardo Samán kündigte an, dass Indepabis die Überwachung staatlicher und privater Unternehmen intensivieren und die Gemeinderäte und Kommunen mehr in seine Tätigkeiten einbeziehen wird. Auf nationaler Ebene werde ein "Verband der Freunde von Indepabis" gebildet, um die Spekulationen und das Horten zu bekämpfen. Diese soziale Organisation soll in allen Bundesstaaten des Landes vertreten sein und aus jeweils 20 Personen bestehen, die unabhängig arbeiten und die Aktionen der Indepabis-Beamten beaufsichtigen und kontrollieren.

Die Engpässe bei der Versorgung sind indes leicht zurückgegangen. Seit Mitte Juni treffen auch die von der Regierung unlängst georderten Importe an Grundnahrungsmittel nach und nach ein, die dann zu regulierten Preisen in den staatlichen Läden verkauft werden. Die Regierung Maduro hatte Vereinbarungen über Lebensmittellieferungen mit regionalen Verbündeten getroffen. In den kommenden sechs Monaten sollen mehr als 700.000 Tonnen Lebensmittel und Dinge des täglichen Bedarfs im Land eintreffen.