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Kolumbien: Korruptionsskandal im Militär

Hochrangige Militärs an Korruptions-Netzwerk beteiligt. Bereits sechs Entlassungen und Rücktritte

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Korrupte Militärs wurden in den Jahren 2012 und 2013 abgehört
Korrupte Militärs wurden in den Jahren 2012 und 2013 abgehört

Bogotá. Die Generalstaatsanwaltschaft Kolumbiens hat umfassende Ermittlungen angekündigt, um gegen ein Korruptions-Netzwerk in der Führungsriege des Militärs vorzugehen

. Die Wochenzeitung "Semana" hatte in einer Reportage die Existenz mehrerer hundert Stunden belastender Abhörbänder aus den Jahren 2012 und 2013 bekannt gemacht, die sich in Händen der Anklagebehörde befinden. Am 15. Februar wurde eine Ermittlungskommission eingesetzt, um die Details dieser Aufnahmen zu bewerten und die verwickelten Miltärs und Zivilisten zu befragen.

Die Untersuchungen richten sich vor allem gegen ranghohe Militärs, die für Verträge zwischen den Streitkräften und zivilen Unternehmen Gelder und Zuwendungen abgezweigt und dabei Millionen in die eigenen Taschen gewirtschaftet haben sollen. Dabei wurden auch Gelder auf Konten von Militärangehörigen umgeleitet, die wegen Verbrechen gegen die Menschenrechte im Gefängnis sitzen. Ein großer Teil der Finanzen für die Benzinversorgung der Militärfahrzeuge sowie für die Beschaffung von Ersatzteilen für "Black Hawk"-Transporthubschrauber wurde auf private Konten umgeleitet. Flugtickets, die für Militärangestellte gedacht waren, wurden Anwälten zugestellt, die eben diese hohen Offiziere vertreten. Bestechungsgelder in Verträgen mit zivilen Unternehmen und innerhalb des Militärs betrugen vermutlich bis zu fünfzig Prozent des Vertragswertes.

"Semana" hatte bereits 2011 einen ähnlichen Skandal aufgedeckt. Damals wurde bekannt, dass Militärs, die wegen Menschenrechtsverbrechen zu hohen Haftstrafen verurteilt worden waren, exorbitante Privilegien genossen.

Die Untersuchungen der Generalstaatsanwaltschaft und des Verteidigungsministeriums fallen mit Ermittlungen eines Staatsanwaltes für Menschenrechte zu “falsos positivos” in Medellín zusammen, in deren Rahmen über sechs Monate Gespräche von hochrangigen Militärs abgehört wurden. Als "falsos positivos" werden Fälle von durch Militärs ermordete Zivilisten bezeichnet, die im Nachhinein als im Kampf getötete Guerillakämpfer dargestellt wurden.

Der mutmaßliche Kopf des Korruptionsnetzwerkes, Oberst Róbinson González del Río, sitzt bereits wegen zwei Fällen von "falsos positivos" im Gefängnis. Aus den Bändern geht hervor, dass González sowohl für die Vertragsausarbeitung mit den Militärs als auch für die Bezahlung von Schweigegeld an die in Fällen von "falsos positivos" einsitzenden Offiziere verantwortlich zeichnete. Während seiner Haft konnte González neben zwei Soldaten auch über offizielle Fahrzeuge verfügen, jederzeit mit anderen hohen Militärs wie dem Generalkommandanten der Militärkräfte, General Leonardo Barrero Gordillo, über Waffengeschäfte kommunizieren und das Gefängnis für drei Wochen Urlaub mit seiner Familie verlassen. Die Aufnahmen sollen außerdem belgen, dass auch über Geschäfte mit ekuadorianischen und venezolanischen Militärs gesprochen wurde.

Der Kommandant für Militäroperationen, Javier Enrique Rey musste im Zuge der Ermittlungen bereits seinen Rücktritt einreichen, obwohl er jede Verantwortung von sich weist. Auch Barrero Gordillo hat am 18. Februar aufgrund der erdrückenden Beweislast seinen Posten geräumt.

Unterdessen hat Präsident Santos die Führungsspitze der Streitkräfte ausgewechselt und vier hochrangige Militärs entlassen.