Brasilien / Politik

Weiterer Minister in Brasilien zurückgetreten, Präsidentin warnt vor Putschkomplott

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Dilma Rousseff und ihr Vize Michel Temer bei der Zeremonie zur Amtseinführung am 1. Januar 2015
Dilma Rousseff und ihr Vize Michel Temer bei der Zeremonie zur Amtseinführung am 1. Januar 2015

Brasília. Die politische Krise in Brasilien spitzt sich kurz vor der Abstimmung über ein Amtsenthebungsverfahren gegen Präsidentin Dilma Rousseff in der Abgeordnetenkammer weiter zu. Am Mittwoch trat der Minister für Nationale Integration, Gilberto Occhi, zurück, nachdem seine Progressive Partei (PP) das Bündnis mit der Arbeiterpartei PT aufgekündigte hatte. Ende März war bereits die rechtsliberale Partei PMDB aus dem Regierungsbündnis ausgestiegen.

Rousseff hatte einen Tag zuvor ihren Vize Michel Temer beschuldigt, "einer der Köpfe der Verschwörung" zu sein, die sie durch ein Gerichtsverfahren aus dem Amt drängen will. Temer wäre im Falle einer Amtsenthebung ihr Nachfolger.

Anfang der Woche wurde auf der Homepage der Tageszeitung Folha de S.Paulo eine Tondatei verbreitet, in der der Vizepräsident die Absetzung Rousseffs als sicher darstellt und den "Aufbau einer Regierung der nationalen Rettung" fordert. Man sei bereit, "Verantwortung zu übernehmen". Die Datei mit der 15-minütigen Rede war zuvor an die Mitglieder seiner Partei PDMB über den Nachrichtendienst WhatsApp verschickt worden. Laut Temer sei die Veröffentlichung bei Folha de S.Paulo "irrtümlich" geschehen.

Die Audiodatei wurde publik, nachdem eine Parlamentskommission beschlossen hatte, dass ein politischer Prozess gegen Rousseff durchgeführt werden kann und ihren Bericht dem Plenum der Abgeordnetenkammer übermittelte. Am kommenden Sonntag soll dort darüber abgestimmt und im Falle der Annahme an den Senat weitergeleitet werden.

"Die Masken der Putschisten sind gefallen", erklärte Rousseff dazu, "wenn es noch Zweifel an meiner Anklage gegeben haben sollte, dass ein Staatsstreich im Gange ist, so sind jetzt keine mehr möglich". Ihre Gegner konspirierten "offen und skrupellos am hellichten Tag" um eine rechtmäßig gewählte Präsidentin aus dem Amt zu bringen.

Das "Putschkomplott“ habe "zwei Chefs". Damit bezog Rousseff sich neben Temer offenbar auf den Präsidenten der Abgeordnetenkammer, Eduardo Cunha, ebenfalls PMDB-Mitglied, der im Dezember die Schritte für ein Amtsenthebungsverfahren einleitete.

Ihre politischen Gegner werfen Rousseff vor, Spenden von Zulieferfirmen des halbstaatlichen Erdölkonzerns Petrobras für den Wahlkampf genutzt zu haben. Zudem soll sie zur Finanzierung von Sozialprogrammen auf Gelder staatlicher Banken zurückgegriffen und Haushaltszahlen frisiert haben, um ihre Wiederwahl zu garantieren. Dies begründe ein Amtsenthebungsverfahren.

"Sie verleumden, während sie zugleich Posten im Putschkabinett, in einer nicht gewählten Regierung versteigern", kritisierte die Amtsinhaberin. Sie rief die Bevölkerung zu "Wachsamkeit und Einheit" auf. "Wir vertrauen in das Bewusstsein der Menschen. Die Wahrheit wird sich durchsetzen. Das Amtsenthebungsverfahren wird nicht durchkommen. Der Putsch wird besiegt werden", so Rousseff, die einen Rücktritt ausschloss.

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