Kritik an Militarisierung der humanitären Hilfe in Haiti

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UN-Soldaten nach dem Hurrikan Matthew in Haiti
UN-Soldaten nach dem Hurrikan Matthew in Haiti

Port-au-Prince. Zivilgesellschaftliche Organisationen und Parteien in Haiti haben sich gegen die Militarisierung der humanitären Hilfe nach dem Hurrikan Matthew Anfang des Monats ausgesprochen. Unter Bezugnahme auf die Verfassung des Landes, die keine Stationierung ausländischer Truppen gestattet, fordern sie in einem gemeinsam verfassten Text den Abzug sämtlicher Truppen der Vereinten Nationen (UN).

Durch die Militarisierung der humanitären Hilfe komme es zu zahlreichen Verletzungen von Grundrechten während der Verteilung von Hilfsgütern, so das Nationale Netzwerk für Menschenrechte (RNDDH). Als Beispiel nannte die Organisation einen Vorfall der vergangenen Woche, als in Dame-Marie eine 18-Jährige getötet und fünf weitere Personen verletzt wurden. Verzweifelte Personen sollen versucht haben, sich Zugang zu den verteilten Hilfsgütern zu verschaffen. Die anwesenden UN-Truppen und lokale Polizei haben daraufhin Schüsse abgefeuert, um die Kontrolle über die Situation zurückzugewinnen. Von wem genau diese abgegeben wurden, ist unklar.

Scharfe Kritik üben die Parteienkoalition der politischen Kräfte der Nation (Copol) oder die Alternative Liga für den Fortschritt und die Emanzipation Haitis (Lapeh) auch an der Regierung, der sie eine Misswirtschaft in der Verteilung von Hilfsgütern vorwerfen, und fordern eine "ehrliche und patriotische" Organisation. Derzeit landen Spenden von anderen Ländern in der Staatskasse, die laut Berichten der Zeitung Le Nouvelliste von Abgeordneten, Senatoren und Beamten kontrolliert wird. Die Verantwortlichen für die Verteilung, der Zivilschutz und das Innenministerium, sind hingegen nicht in der Lage, die Funktionsweise des Hilfsdepots näher zu beleuchten, noch können sie garantieren, dass die Hilfszahlungen auch da ankommen, wo sie benötigt werden. Dies gilt insbesondere für weiter abgelegene Teile des karibischen Inselstaates, die durch den Hurrikan von der Infrastruktur abgeschnitten wurden.

So leben laut dem kolumbianischen UN-Experten Gustavo Gallón allein in der haitianischen Stadt Jérémie, die besonders schlimm von dem Hurrikan getroffen wurde, 3.000 Flüchtlinge in "unmenschlichen Bedingungen" ohne Zugang zu ausreichend Nahrung, Wasser und sanitären Einrichtungen. Darunter befinden sich 20 schwangere Frauen, zwei Babys sind bereits ohne medizinische Unterstützung zur Welt gekommen. Während des Hurrikans sind nach offiziellen Angaben 546 Menschen ums Leben gekommen, über hundert werden noch vermisst, 175.000 sind obdachlos geworden. Zwei Millionen Menschen sind insgesamt von den Folgen der Naturkatastrophe betroffen, von denen 1,4 Millionen dringend auf Hilfe angewiesen sind.

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