Peru / Umwelt

Peru plant Bau von "Fluss-Autobahn"

fluss_autobahn_hidrovia_amazonica_peru.png

Darstellung des Projekts durch die staatliche Agentur für Privatinvestitionen, Proinversión (Screenshot)
Darstellung des Projekts durch die staatliche Agentur für Privatinvestitionen, Proinversión (Screenshot)

Lima. Das chinesisch-peruanische Konsortium Hidrovías II hat den Zuschlag für eines der umstrittensten Infrastrukturprojekte im Amazonas erhalten. Bis 2020 soll in der peruanischen Provinz Loreto ein 2.500 Kilometer langer Kanal namens Hidrovía Amazónica entstehen, um den Warenverkehr und den Transport von Rohstoffen in der Region zu verbessern. "Die Flüsse waren hier im Amazonas immer schon die Straßen unserer Indigenen", kommentierte der Gouverneur der Region, Fernando Meléndez den Abschluss der staatlich-privaten Partnerschaft am 6. Juli und fügte hinzu: "Nun werden wir endlich eine Fluss-Autobahn haben." Investiert werden dafür 95 Millionen US-Dollar. Zum Konsortium gehören die chinesische Firma Sinohydro und das Unternehmen Construcción y Administración S.A. (Casa) aus Peru.

Doch der Traum von einem ganzjährig auch für riesige Containerschiffe befahrbaren Schiffsweg hat, so warnen Umweltschützer wie Leonardo Tello, einen hohen ökologischen Preis: Das Ökosystem der Flüsse könne dadurch nachhaltig geschädigt werden. Denn was in dem Projekt als "Kanal" beschrieben wird, sind die natürlichen Amazonas-Zuflüsse Marañón, Huallaga und Ucayalí. Diese sollen teils begradigt und auf einer Breite von 50 Metern kontinuierlich ausgebaggert werden. "Auch die Siedlungen entlang der Ufer sind in ihrer Existenz bedroht, denn eine Vertiefung des Flussbetts wird dazu führen, dass die sandigen Ränder wegrutschen", so Tello.

Vor allem indigene Gemeinden kämpfen deshalb bereits seit 17 Jahren gegen die Fluss-Autobahn. Damals wurde im Rahmen der "Initiative für die Integration der regionalen Infrastruktur Südamerikas" (IIRSA) eine noch längere Strecke von 6.000 Kilometern geplant, die ecuadorianische Häfen mit dem Mündungsdelta des Amazonas in Brasilien verbinden sollte. Doch der Startschuss für das Projekt wurde immer wieder verschoben, da private Investoren sich lieber risikoarm als Trittbrettfahrer staatlicher Entwicklungsbanken wie der brasilianischen BNDES beteiligen wollten. Diese hatte ursprünglich zugesagt, ihre nationalen Baumultis Odebrecht und OAS mit günstigen Krediten zu unterstützen, die bis zu 70 Prozent der Kosten des gesamten Bauvorhabens abgedeckt hätten. Doch das war vor dem Korruptionsskandal Lava Jato, bei dem auch Schmiergeldzahlungen an peruanische Politiker publik wurden, etwa an den früheren Präsidenten Alejandro Toledo, der per Haftbefehl gesucht wird.

Frischem Geld aus China ist es nun zu verdanken, dass in Peru noch in diesem Jahr die ersten Schwimmbagger ausrücken sollen. "Neue Häfen werden entstehen, neue logistische Geschäftszweige, mehr Transportunternehmen. Unterm Strich die Art von Fortschritt, den wir alle in diesem Teil des Landes haben wollen", sagt Perus Transportminister Bruno Giuffra. Dem hält Tello entgegen, dass die Indigenen in der Region nur eingeschränkt über das Megaprojekt und seine Folgen informiert wurden. Die parlamentarische Opposition bemängelt die fehlende Transparenz bei der Planung. Dazu passte auch die Weigerung Giuffras, im Juni vor einem Untersuchungssauschuss in Sachen Lava Jato auszusagen.

Noch fehlen Hidrovías II einige Machbarkeitsstudien und finanzielle Prüfungen. Bereits vor Baubeginn formiert sich Widerstand, sondieren Umweltschützer und indigene Gruppen Wege, das Projekt zu stoppen. Nicht nur für die Kokama-Indigenen, zu denen auch Tello gehört, haben die Flüsse im Amazonas eine vitale Bedeutung. Ihre Kosmovision, traditionelle Medizin und Ernährung kreisen um die "Mutter Fluss" (Madre Rio), ein nachhaltiges Leben im Einklang mit der Natur ist demnach mit intensivem Schiffsverkehr und Rohstoffabbau unvereinbar.

Wenn Sie über diesen Artikel mitdiskutieren wollen, nutzen Sie bitte die Kommentarfunktion auf unserer Facebook-Seite oder folgen Sie einfach diesem Link