Ecuador / Peru / Bolivien / Politik / Militär

Krise in Ecuador: Präsident Lasso löst Nationalversammlung auf

Die Entscheidung Lassos wird vom Militär und den USA begrüßt. Die Neuwahlen von Parlament und Präsident sollen bis zum 24. August stattfinden. Correa sieht darin eine "großartige Gelegenheit"

lasso_kuendigt_aufloesung_des_parlaments_an.png

Präsident Lasso habe das Parlament für "die Mitbürgerinnen und Mitbürger und das Vaterland" aufgelöst. Screenshot
Präsident Lasso habe das Parlament für "die Mitbürgerinnen und Mitbürger und das Vaterland" aufgelöst. Screenshot

Quito. Ecuadors Präsident Guillermo Lasso hat am vergangenen Mittwoch die Nationalversammlung aufgelöst. "Um eine verfassungsgemäße Lösung zu finden, habe ich beschlossen, die Verfassung anzuwenden, die mir die Befugnis gibt, die Versammlung aufgrund einer schweren politischen Krise und interner Unruhen aufzulösen", sagte Lasso in einer nationalen Fernsehansprache.

Der als "gekreuzter Tod" bezeichnete Vorgang ermöglicht es dem Regierungschef, die Nationalversammlung aufzulösen und bis zur Neuwahl von Parlament und Präsident die Regierungsgeschäfte mit Hilfe von Dekreten weiterzuführen.

Die Ankündigung erfolgte einen Tag, nachdem im Parlament das Amtsenthebungsverfahren gegen Lasso wegen des Vorwurfs der Korruption begonnen hatte. Lasso bestritt in seiner Fernsehansprache erneut die Vorwürfe und warf den Parlamentariern vor, ihn seit Beginn seiner Amtszeit stürzen zu wollen. Ihr einziges politisches Ziel sei es, "die Destabilisierung der Demokratie und des Staates".

In einem Interview mit dem Sender CNN betonte der Staatschef, dass es ihm nicht um seine Person gehe, vielmehr habe er diesen Schritt für "die Mitbürgerinnen und Mitbürger und das Vaterland" für notwendig erachtet. Die Opposition sieht das anders. So fand Ex-Präsident Rafael Correa auf Twitter deutliche Worte: "Das ist illegal. Es ist offensichtlich, dass es sich nicht um einen inneren Ausnahmezustand handelt, sondern um einen politischen Prozess in Anwendung der Verfassung. Auf jeden Fall ist es eine großartige Gelegenheit, Lasso, seine Regierung und die von ihm angeheuerten Abgeordneten vor die Tür zu setzen. Heute geeinter denn je. Immer bis zum Sieg! (¡Hasta la victoria siempre!)".

Ähnlich äußerte sich auch die nun ehemalige Abgeordnete Paola Cabezas, die wie Correa Teil der Bürgerrevolution ist. Auch wenn sie die Begründungen des Präsidenten nicht teile und darüber zu gegebener Zeit das Verfassungsgericht abstimmen müsse, zeigte sie sich optimistisch, dass dies "eine Chance ist, aus dieser politischen Krise und dem demokratischen Betrug, den die Regierung von Guillermo Lasso darstellt, herauszukommen".

Unklar ist bislang, wie sich der genaue Zeitplan hinsichtlich der Neuwahlen gestaltet. Die Verfassung sieht vor, dass Neuwahlen innerhalb von drei Monaten stattfinden müssen. Die genaue zeitliche Ausgestaltung obliegt nun dem Nationalen Wahlrat (CNE). Dieser muss nun innerhalb von sieben Tagen Neuwahlen ausrufen. CNE-Präsidentin Diana Atamaint versicherte in einer Pressekonferenz am Mittwoch, dass man alle in der Verfassung genannten Fristen einhalten werde. Die Neuwahlen müssten bis zum kommenden Mittwoch, 24. Mai, ausgerufen werden und die Wahl selbst vor dem 24. August stattfinden.

Die genauen Regeln und Zeitpläne müssen noch vom CNE und vom Wahlgericht (TCE) ausgearbeitet werden, da die normalen Fristen für reguläre Wahlen nicht eingehalten werden können. Fest steht allerdings, dass die dann Gewählten nur die laufende Legislaturperiode bis Mai 2025 beenden werden.

Bis zur Wahl bleibt das Parlament weiter geschlossen. Seit Mittwoch wird das Gebäude der Nationalversammlung durch Militär und Polizei hermetisch abgeriegelt. Abgeordneten und Mitarbeitern, die sich zum Zeitpunkt der Auflösung außerhalb des Gebäudes befanden, wurde der Zutritt durch Sicherheitskräfte verweigert.

Seitens der Militärführung erhielt Lasso Unterstützung für sein Vorgehen. In einer ebenfalls im Fernsehen übertragenen Erklärung betonte der Oberkommandeur der Streitkräfte Nelson Proaño Rodríguez, dass Militär und Polizei die Verfassung achten, und die Gesetze sowie Entscheidungen von Parlament und Regierung zu respektieren seien. Man werde die ihnen übertragenen Aufgaben "in strikter Unterordnung unter die zivile Gewalt und die Verfassung erfüllen", so Rodríguez wörtlich.

Gleichzeitig forderte er die Bevölkerung auf, die öffentliche Ordnung zu respektieren. Man werde keine Versuche zulassen, die verfassungsmäßige Ordnung gewaltsam zu ändern und die Demokratie zu untergraben. Sollte es dennoch zu gewalttätigen Aktionen kommen, werde man "entschlossen handeln, um den verfassungsmäßigen Auftrag zum Schutz des Lebens, der Rechte und der Garantien der Ecuadorianer zu erfüllen".

Im Ausland stößt die Ankündigung Lassos auf gemischte Reaktionen. Die bilateralen Beziehungen zu Ecuador und dem ecuadorianischen Volk seien trotz der politischen Situation im Land weiterhin stark, erklärte das US-Außenministerium. US-Außenminister Vedant Patel bot seine Unterstützung für "Ecuadors demokratische Institutionen und Prozesse" an und drückte seinen Respekt für "den Willen der Regierung und des Volkes von Ecuador" aus.

Boliviens ehemaliger Präsident Evo Morales kritisierte Lasso hingegen stark. "Um einen Korruptionsprozess zu vermeiden, schließt Guillermo Lasso den ecuadorianischen Kongress unter dem Vorwand des inneren Ausnahmezustands", twitterte Morales. Er erinnerte daran, dass Lasso den ehemaligen peruanischen Präsidenten Pedro Castillo vorgeworfen hatte, ein Putschist zu sein, als dieser vor wenigen Monaten ebenfalls das Parlament auflösen wollte.

Unterstützung erhielt Lasso hingegen von der aktuellen peruanischen Regierung von Dina Boluarte. Man hoffe, dass die Neuwahlen "es dem ecuadorianischen Volk ermöglichen werden, die Aufrechterhaltung der politischen Regierbarkeit und des sozialen Friedens zu gewährleisten", so das peruanische Außenministerium in einer Stellungnahme.