Proteste und Straßenblockaden in Guatemala halten an

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In Guatemala gehen die Proteste nach den Präsidentschaftswahlen weiter
In Guatemala gehen die Proteste nach den Präsidentschaftswahlen weiter

Guatemala-Stadt. In Guatemala gehen die Proteste gegen die politische Verfolgung der progressiven Partei Movimiento Semilla weiter. Auch für den Rücktritt von Generalstaatsanwältin Consuelo Porras und des Leiters der Sonderstaatsanwaltschaft gegen Straffreiheit (FECI) Rafael Curruchiche wird weiterhin demonstriert.

Die Feierlichkeiten des Unabhängigkeitstages am 15. September nutzen Demonstranten für Proteste. In der Hauptstadt riefen hunderte Demonstrierende während des Abspielens der Nationalhymne im Beisein vom scheidenden rechten Staatspräsidenten Alejandro Giammattei politische Parolen wie "El Pueblo Unido jamás será vencido" (Das vereinte Volk wird niemals besiegt werden). Auch in Guatemalas zweitgrößter Stadt Quetzaltenango beteiligten sich einige Dutzend Demonstranten mit Transparenten und Sprechchören am offiziellen Marsch zum Tag der Unabhängigkeit.

Am Montag legte Semilla, vertreten durch das gewählte Präsidentenduo Bernardo Arévalo und Karin Herrera, vor dem Obersten Gerichtshof einen Einspruch ein. Dieser versucht "alle Handlungen zu annullieren, die die verfassungsmäßige Ordnung bedrohen", hieß es in einem Beitrag des Radios Emisoras Unidas vom Montag. Semilla hatte dazu aufgerufen, den Einspruch mit Demonstrationen zu begleiten, weswegen sich am Montagnachmittag (Ortszeit) mehrere tausend Menschen vor dem Gebäude des Gerichts versammelten.

Die 48 Kantone, eine indigene Selbstverwaltungsstruktur aus dem Departamento Totonicapán, hatte bereits am Morgen eine Demonstration in der Hauptstadt durchgeführt. Zeitgleich zu den Protesten in der Hauptstadt gab es Demonstrationen in verschiedenen Departamentos. In Quetzaltenango versammelten sich rund 1.000 Menschen im Parque Central vor dem Rathausgebäude.

Duvalier Castañón, Abgeordneter für Semilla für die kommende Legislaturperiode, erinnerte in seiner Rede an die letzte Rede des 1954 durch einen Staatsstreich gestürzten demokratisch gewählten Präsidenten Jacobo Árbenz. Árbenz habe "damals vorausgesagt, dass der demokratische Frühling wiederkomme". Mit dem "Wahlsieg vom Juni und jetzt bei der Stichwahl ist es soweit". Der "neue demokratische Frühling" werde aber nicht nur "zehn Jahre dauern, sondern Jahrzehnte, bis sich Guatemala zu einem wirklich demokratischen und sozial gerechten Land gewandelt hat", so Castañón.

Orlando Pérez, für das Departamento Quetzaltenango direkt gewählter Abgeordneter aus dem kleinen Landkreis Palestina de los Altos, erwartet durchaus noch eine Ausweitung der Proteste. "Treten Porras und Curruchiche nicht zurück, werden sich die Proteste auch mit Straßenblockaden ausweiten", so Pérez im Gespräch mit amerika21. Die heutigen Proteste seien nicht nur von Semilla, sondern von "verschiedenen Organisationen organisiert".

Neben Vertretern von Semilla traten auch Repräsentanten anderer Organisationen auf. Eine pensionierte Krankenschwester sowie Studierende der medizinischen Fakultät der staatlichen San-Carlos-Universität machten auf die prekäre Lage im öffentlichen Gesundheitswesen aufmerksam. Ein Verteter der Vereinigung der Transporteure von Quetzaltenango wandte sich indes mit scharfen Worten gegen die Korruption und schloss seine Rede mit "Viva Arévalo".

Am Dienstag führte die Landarbeiterorganisation Codeca (Komitee für bäuerliche Entwicklung) Straßenblockaden an 19 Orten im Land durch. Wie es der Praxis der Organisation in den vergangenen Jahren entsprach, wurden die Aktivitäten selbstständig und nicht im Bündnis mit den anderen Protestbewegungen durchgeführt. Der Verkehrsknotenpunkt Cuatro Caminos an der Interamericana im Departamento Totonicapán wurde ebenso blockiert wie wichtige Zufahrtstraßen zur Atlantik- und Pazifikküste.

Mittlerweile zeigen sich auch Risse im sogenannten "Pakt der Korrupten", wie die bislang herrschenden Eliten häufig genannt werden. Die Sonderstaatsanwaltschaft gegen Straffreiheit (FECI) führte vergangene Woche eine Razzia im "Operationszentrum für Wahlverfahren" durch. Dabei wurden Wahlurnen mit Stimmzetteln geöffnet und durchsucht. Vom Unternehmerverband CACIF kam daraufhin scharfe Kritik an dem Vorgehen. "Die Demokratie und das Wahlsystem unseres Landes müssen erhalten bleiben. Deshalb fordern wir die drei Staatsgewalten und die verfassungsmäßigen Kontrollorgane auf, das republikanische System zu schützen, die verfassungsmäßige Ordnung einzuhalten und die demokratischen Institutionen zu respektieren", hieß es in einer Mitteilung des Unternehmerverbandes vom 13. September.

Klare Worte kamen auch vom Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), Luis Almagro. Nach einem Besuch in Guatemala und einem Treffen mit der Generalstaatsanwältin Consuelo Porras sagte er: "Wir können auch nicht zulassen, dass eine Staatsanwaltschaft ohne Zuständigkeit in Wahlangelegenheiten irgendetwas kaputt macht, die Institutionalität und die Verfassung des Landes bricht."