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In Chile wird die Bereitstellung von Internet zum Grundrecht

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Glasfaser Internet Chile
Typische, überirdische Glasfaserverkabelung in Chile

Santiago. Der Zugang zum Internet ist in Chile jetzt dem Recht auf landesweite und lückenlose Trinkwasser- und Stromversorgung gleichgesetzt, um geografische und demografische Defizite zu überwinden

Die Idee des Gesetzes stammt noch aus der Regierungszeit von Michelle Bachelet (2014-2018). Es legt nun technische und operative Parameter sowie Regeln für ihre Überwachung fest. Eine minimale Geschwindigkeit und ein pannenfreier Service müssen garantiert werden. Jeder Anbieter muss für das gesamte von ihm bediente geografische Gebiet die entsprechenden Hausanschlüsse auf Wunsch zur Verfügung stellen.

Das Gesetz legt zudem Fristen für den Ausbau der Netze und die Erfüllung der technischen Standards fest. Um die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben zu garantieren, verlangt das Ministerium für Transport und Telekommunikation Einsicht in die technischen Parameter sowie Informationen über mögliche Störungen oder Ausfälle des Services. Damit werden die Anbieter künftig wegen Nichteinhaltung belangt und die Kunden bekommen Rückerstattung für die Zeiten ohne Service.

Neben den bisher aktiven Telekomgesellschaften bekommen Kooperativen und gemeinschaftliche Organisationen das Recht auf Eigenversorgung. Wie bereits jetzt bei Strom und Wasser üblich bekommt der Staat die Möglichkeit minderbemittelten Haushalten den Anschluss ans Internet zu subventionieren. Die Einzelheiten für die Vorgaben müssen erst noch erarbeitet werden, da in der Regel Pakete zusammen mit Kabelfernsehen und unterschiedliche Bandbreiten angeboten werden. Dazu kommt, dass im aktuellen Haushalt dafür keine Mittel bereitstehen. Die Regierung verspricht jedoch, schnellstmöglich eine Lösung zu finden.

In Chile teilen sich im Wesentlichen fünf private Anbieter den Markt für verkabelten und mobilen Internetservice. Dabei gehen sie sehr wählerisch vor. Dünnbesiedelte ländliche Gebiete und Stadteile mit gering verdienender Bevölkerung bleiben außen vor. In Chile haben 94 Prozent der Haushalte einen Internetanschluss, wobei bereits 66 Prozent der verkabelten Verbindungen Glasfaseranschlüsse sind und die Mehrzahl der mobilen Verbindungen dem 5G Standard entsprechen. Über 16 Prozent der Haushalte ohne Internet beklagen sich jedoch über die hohen Kosten.

Diese Defizite sollen nun im Rahmen einer lang angelegten Strategie auf dem Weg Chiles ins digitale Zeitalter beseitigt werden. Dabei gibt es bereits Fortschritte. Steuererklärungen werden online mit dem Finanzamt abgewickelt. Grundbucheinträge sind digital abrufbar. Standesamtliche Urkunden stehen zum Teil kostenlos zur Verfügung. Alle Akten von Gerichtverfahren stehen zum download zur Verfügung. Die Dokumente haben eine digitale Unterschrift und der Zugriff ist nur mit Personalausweisnummer und einem persönlichen Schlüssel möglich.

Für die Zukunft hat man sich viel vorgenommen. 2020 hat Chile ein Programm aufgelegt, das vorsieht, bis 2030 alle Schulen mit schnellen Internetverbindungen auszustatten. Wegen Unterrichtsausfall während der Pandemie konnte das Land notgedrungen erste Erfahrungen mit dem "digitalen Klassenzimmer" sammeln.

Chile hat vor kurzem mit Google einen Vertrag über die Verlegung einer 14.800 Kilometer Glasfaserleitung, das sogenannte Humboldtkabel, von Australien über Neuseeland nach Valparaiso, abgeschlossen.