Lateinamerika ist auf den ersten Blick ein Kontinent ohne sichtliche äußere Bedrohung durch andere Staaten. Jedoch existieren Konflikte in Fällen bestehender Kolonien und ungelöster Grenzstreitigkeiten, wie 1995 beim Konflikt Ecuador – Peru, Kriegshandlungen der Streitkräfte Kolumbiens gegen die FARC auf dem Territorium von Ecuador im Jahr 2008, der Anspruch Argentiniens auf die Malvineninseln, der Zugang Boliviens zum Meer und der umstrittene Grenzverlauf im Golf von Fonseca in Mittelamerika. Notwendig ist es, diese völkerrechtlichen Probleme zu lösen und offene Kriegshandlungen zu verhindern.
Die größte Gefahr für die Menschen in Lateinamerika ergab sich seit dem 2. Weltkrieg immer dann, wenn die einheimische Rechte und die Oligarchien Lateinamerikas mit ihren Verbündeten in Nordamerika und anderen Metropolen der Welt eine progressive Entwicklung in Lateinamerika gewaltsam aufzuhalten versuchten.
Seit dem Putsch 1953/54 in Guatemala und Kolumbien haben in Lateinamerika über 20 Militärputsche und ausländische Interventionen stattgefunden. Bei diesen Verbrechen gegen die Völker Lateinamerikas wurden über 1 Million Menschen getötet. Bürgerkriege und reaktionärer Staatsterror haben mehrere Millionen Lateinamerikaner zu Kriegsflüchtlingen gemacht oder ins Exil getrieben. Denken wir daran, dass der seit 1953 in Kolumbien andauernde Bürgerkrieg 500.000 Tote forderte und 6.500.000 Kriegsflüchtlinge bewirkte. Über 80 Prozent der gesamten Auslandshilfe der USA für Lateinamerika gehen an die kriegführende Regierung in Kolumbien. Seit 1999 waren dies mehr als sieben Milliarden Dollar.
Die Putschgefahr ist in Lateinamerika immer noch aktuell, wie folgende Ereignisse der vergangenen vier Jahre zeigen:
- 2008 Putschversuch in Bolivien
- 2009 Putsch Honduras
- 2010 Putschversuch in Ecuador
- 2012 Putsch in Paraguay
Der Frieden wird dadurch bedroht, dass die Völker und Staaten Lateinamerikas Opfer verdeckter und offener Einmischung sind, mit der versucht wird, progressive Entwicklungen auf diesem Kontinent zu verhindern, wie zum Beispiel die Bedrohung und Blockade Kubas sowie die internationale Einmischung in Venezuela, Bolivien, Ecuador und Nicaragua.
Eine permanente Bedrohung des Friedens in dieser Region geht besonders von den 13 Militärbasen der USA und der kürzlich erfolgten Reaktivierung der IV. Flotte der US-Marine aus.
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Die Stabilität in Lateinamerika wird weiterhin durch eine nicht endende Drogenkriminalität in Kolumbien und Mexiko und eine Überrüstung einiger Staaten bedroht. Ein Beispiel dafür: Das Kampfpotential Chiles ( 15 Millionen Einwohner) mit modernen Panzern (Leopard 2) und modernen Kampfflugzeugen übertrifft das Kampfpotential Brasilien, das eine Bevölkerung von 191 Millionen hat.
Am Weltfriedenstag darf man nicht vergessen, die andere Seite Lateinamerikas zu nennen: Aus Lateinamerika kommen häufig Friedenssoldaten im Rahmen der UNO Missionen. Soldaten aus Uruguay, Argentinien , Brasilien und Chile waren und sind in Zypern, Ost – Timor und Haiti eingesetzt.
Lateinamerika ist in einer ganz besonderen Frage Vorbild für den Weltfrieden. Seit 1968 besteht in Lateinamerika mit dem Vertrag von TLATELOLCO eine Atomwaffenfreie Zone. Sie ist die einzige existierende auf der Welt. Auch Kuba hat die entsprechenden Verträge ratifiziert. Verletzt wurde dieser Vertrag durch das völkerrechtlich verbotene Einbringen von Atomwaffen durch zwei atomare Großmächte in das Gebiet der Malvineninseln, nach Puerto Rico und nach Guantanamo.
Über 40 Jahre Atomwaffenfreie Zone in Lateinamerika zeigen der Welt , dass solche Zonen keine Utopie sind.
Dr. Winfried Hansch ist Vorsitzender der Alexander-von-Humboldt-Gesellschaft und hielt diesen Vortrag auf der Veranstaltung der ALBA-Staaten zum Weltfriedenstag 2012 in Berlin am 21. September 2012.