Venezuela / Politik

Katholische Kirche malt den Teufel Chávez an die Wand

Doch Befürchtungen des unbekannten Geistlichen sind substanzlos

“Die Regierung von Präsident Hugo Chávez übt immer stärkeren Druck auf die Kirche aus”, meldete Radio Vatikan am 4. September. “Der Leiter einer katholischen Schule in Venezuela befürchtet, daß die Regierung bald kirchliche Schulen und Gesundheits-Einrichtungen beschlagnahmen wird. Seine Tätigkeit in der Schule werde immer schwieriger, sagte der Priester, dessen Name aus Sicherheitsgründen nicht genannt wird, dem Hilfswerk Kirche in Not”, verkündete das Katholische Info. Einen Tag später legte “Kirche in Not” mit einer aktualisierten Pressemeldung nach, die unter dem Titel stand: “Ist das der Anfang vom Ende der katholischen Einrichtungen und Gesundheitszentren?”

Im Zentrum der Meldung stehen die Befürchtungen eines anonymen Priesters, die dieser in einem Interview mit “Kirche in Not” geäußert haben soll. Demnach wäre die Verstaatlichung der Schulen der nächste Schritt des Präsidenten auf dem Weg zum Sozialismus des 21. Jahrhunderts.

Zwar hat die Regierung Chávez diverse Firmen verstaatlicht oder bei Joint Ventures in Schlüsselindustrien die Führungsrolle übernommen, aber die Verstaatlichung katholischer Einrichtungen ist kein Thema in der venezolanischen Innenpolitik. Mit den seit 2003 laufenden Sozialprogrammen im Gesundheitssektor Barrio Adentro I-III sowie den diversen Bildungsprogrammen verfügt die bolivarianische Regierung über eine eigene Struktur, die der Logistik der katholischen Kirche nicht bedarf. So fehlt dann auch in der Meldung von “Kirche in Not” jeglicher Hinweis auf konkrete Aussagen oder Vorhaben der Regierung, die die Befürchtungen des unbekannten Geistlichen stützen könnten.

Das Verhältnis zwischen Kurie und Präsident Chávez ist seit dem gescheiterten Putsch von 2002 angespannt. Damals hatte der mittlerweile verstorbene Kardenal Ignacio Velasco jenes Dekret mitunterschrieben, das die verfassungswidrige Eliminierung der V. Republik und die Herrschaft des Präsidenten Pedro Carmona legitimieren sollte. Die TV-Dokumentation “La Revolución no será transmitida” belegt diesen Umstand mit entsprechenden Bildern aus dem Präsidentenpalast.

Am 1. August 2007 mahnte Chávez an, die Kirche solle sich für ihre Rolle beim Putsch entschuldigen. Er erinnerte, daß Kardenal Velasco den Putschisten auch seine Residenz für ihre Zusammenkünfte zur Verfügung gestellt hatte.

In der aktuellen Diskussion um die Verfassungsreform vertritt die venezolanische Kirche die Interessen der Opposition. Unter den Chávez' Gegnern ist die Katholische Kirche die einzige Gruppe, die noch über eine funktionierende landesweite Organisation und über einen gewissen Einfluß verfügt.