Venezuela

Gegen Finanzmafia: Venezuela übernimmt Banken

Kurz vor dem Jahreswechsel setzt die venezolanische Regierung zur Offensive gegen Finanzkriminalität an

Die trotz der bolivarianischen Revolution fortwährende Korruption in Venezuela hat Präsident Hugo Chávez in seinen Reden immer wieder angeprangert. Kurz vor dem Jahreswechsel setzt die Regierung nun zur Offensive gegen Finanzkriminalität an. Am Freitag vergangener Woche übernahmen die Behörden die Kontrolle über die drei Kreditinstitute Central Banco Universal, Banco Real und Baninvest. Am Montag wurden die vier Banken Canarias, Pro Vivienda, Bolívar und Confederado gar geschlossen. Den Häusern werden Unregelmäßigkeiten und illegale Finanzgeschäfte zur Last gelegt. Die Ermittlungen erstrecken sich nach Presseberichten Presse auch auf staatliche Funktionäre. Sie sollen größere Geldsummen in die betroffenen Banken investiert haben. Präsident Chávez sprach in seiner wöchentlichen Radio- und Fernsehsendung "Aló, Presidente" am Sonntag von "alten Ränken", die es nun aufzudecken gelte.

Zu den bislang bekannt gewordenen Vorwürfen zählt die Vergabe von Krediten an eine nicht existierende Firma. Diese Gelder der Anleger seien in der Folge für den verdeckten Kauf weiterer Bankhäuser verwendet worden, sagte Chávez in seiner Sendung. Auch seien bei den sieben Banken große Summen staatlicher Gelder ausfindig gemacht worden. Die mögliche Verstrickung von Funktionären werde einen Schwerpunkt der Ermittlungen ausmachen.

Schon jetzt ist klar, dass aus mindestens drei der Banken ein neues staatliches Kreditinstitut entstehen wird. Die Häuser Confederado, Central Banco Universal und Real Banco würden gemeinsam mit der staatlichen Banfoandes zur "Banco Bicentenario" zusammengeschlossen. Diese "Zweihundertjahre-Bank" - der Name erinnert an das 2010 bevorstehende Jubiläum der Unabhängigkeit Venezuelas - wird knapp zehn Prozent der gesamten Spareinlagen des Landes halten.

Es ist der zweite große Vorstoß der Regierung in den Bankensektor: Im Mai hatten die Behörden bereits die Banco de Venezuela verstaatlicht. Das Geldinstitut gehörte der spanischen Gruppe Santander. Die Banco de Venezuela war 1994 nach einer schweren Krise verstaatlicht und nur zwei Jahre später - nach Sanierung mit Steuergeldern - für umgerechnet nur 300 Millionen US-Dollar an die spanische Santander-Gruppe verkauft worden. In neun Monaten hatten die neuen Eigner den äußerst niedrigen Kaufpreis wieder eingespielt, 2007 machten sie gut 325 Millionen US-Dollar Gewinn.

Der Fall wurde in der regierungsnahen Presse als Beispiel dafür angeführt, dass eine starke Bankenkontrolle notwendig ist. Dass es der Regierung mit ihrem Vorhaben ernst ist, zeigt die Festnahme Arné Chacóns, des Präsidenten der Banco Real, eines Bruders des bisherigen Technologie- und Wissenschaftsministers Jesse Chacón. Der legte nach der Festnahme seines Bruders am Wochenende seinen Kabinettsposten nieder. Er wolle die Ermittlungen nicht beeinträchtigen, sagte Jesse Chacón, ein enger Vertrauter des Präsidenten.

Für fast eine halbe Million Kleinanleger wird die Übernahme der Banken unabhängig von deren Schicksal keine Folgen haben. Am Montag gab Chávez bekannt, dass die Einlagen von der Banco de Venezuela ausgezahlt würden. Die Zentralbank des Landes habe dafür 200 Millionen Bolívar, gut 60 Millionen Euro, zur Verfügung gestellt.