Chilenische Aktivisten zu Besuch in Dresden und Frankfurt

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Volles Haus in Frankfurt: über 300 Menschen wollten die Gäste aus Chile hören
Volles Haus in Frankfurt: über 300 Menschen wollten die Gäste aus Chile hören

Dresden/Frankfurt. Die chilenischen Bildungsaktivisten Camila Vallejo, Karol Cariola und Jorge Murúa haben ihre Europareise mit Veranstaltungen in Dresden und Frankfurt (Main) fortgesetzt. Am Samstag nahm Camila Vallejo an einer Podiumsdiskussion beim Kongress "Ziviler Ungehorsam" in Dresden teil, bei dem unter andere auch Aktivisten aus Ägypten und Deutschland sprachen. Dort berichtete sie unter dem Motto "Breaking the Rules" über die chilenischen Protesterfahrungen. Am Nachmittag flog das Dreiergespann, das in Deutschland von der Rosa-Luxemburg-Stiftung begleitet wird, nach Frankfurt (Main) weiter. Auf Einladung des DGB Hessen-Thüringen und der GEW bekamen Vallejo, Cariola und Murúa die Gelegenheit, ausführlich über Ursachen und Verlauf der seit 2011 anhaltenden Bildungsproteste zu berichten.

Vor etwa 300 Interessierten nahm zunächst Camila Vallejo, Vize-Präsidentin des chilenischen Studierendenverbandes (FECH), die chilenische Bildungsgesetzgebung genauer unter die Lupe. Seit der Pinochet-Diktatur sei im Zuge des neoliberalen "Chicagoer Experiments" die Bildung in Chile privatisiert und kommerzialisiert worden. Auch in der Ära der "Concertación", der gemäßigten Regierung nach Ende der Diktatur, habe es keinen Richtungswechsel gegeben. Vielmehr habe sich der Trend einer nach Einkommen segmentierten "Drei-Klassen-Bildung" fortgesetzt.

Karol Cariola, Sekretärin der Kommunistischen Jugend Chiles (JJCC), hob ebenfalls den "Klassencharakter" des chilenischen Bildungssystems hervor. Unter großem Applaus charakterisierte sie die Protestbewegung in Anlehnung an die Aufstände in der Arabischen Welt als "chilenischen Frühling". Er sei nicht nur auf Veränderungen im Bildungssystem, sondern auf tiefgreifende Veränderungen der Gesellschaft ausgerichtet.

Der Gewerkschaftsvertreter Jorge Murúa illustrierte anhand eines Rechenbeispiels die sozioökonomische Situation der chilenischen Unterschicht. Demzufolge bleiben in einem dreiköpfigen Haushalt mit einem Einkommen trotz Mindestlohns nach Abzug der Fixkosten pro Tag gerade einmal 20 Euro-Cent pro Kopf für Grundbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung oder das Schulgeld. Zudem hob er den einigenden Charakter der Proteste heraus, die von allen sozialen Bewegungen getragen worden seien.

Am heutigen Montag reisen die drei Chilenen weiter nach Saarbrücken, wo sie ab 18 Uhr in den Räumlichkeiten der Rosa-Luxemburg-Stiftung erwartet werden.


Weitere Informationen zur Reise der chilenischen Delegation finden Sie hier.