USA: Einwanderer ohne Papiere organisieren sich

Bildung von Gewerkschaften von Einwanderern ohne Arbeitserlaubnis zur Durchsetzung ihrer Rechte. Erste Erfolge der "Dreamers" mit ihren Protesten

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Illegalisierte jugendliche Migranten bei einer Demonstration in Portland: "ohne Dokumente - ohne Angst"
Illegalisierte jugendliche Migranten bei einer Demonstration in Portland: "ohne Dokumente - ohne Angst"

Washington. In den USA setzen sich Immigranten ohne offizielle Arbeitserlaubnis für die Verteidigung ihrer Arbeitsrechte ein und haben begonnen, sich in Verbänden zusammenzuschließen. Obwohl die Wirtschaft der USA auf die Arbeitskraft undokumentierter Einwanderer angewiesen ist, müssen diese oft auf die bestehenden Arbeitsrechte verzichten. Durch gewerkschaftliche Organisierung können sie nun die Bezahlung der Krankheits- und Urlaubstage sowie ihr Recht auf Mindestlohn einfordern.

Nach Angaben der spanischsprachigen US-Zeitung La Opinión bevorzugt ein Großteil der Arbeitgeber in den USA die Zusammenarbeit mit undokumentierten Einwanderern. Aufgrund mangelnder Englischkenntnisse, der Unwissenheit über ihre Rechte, oder der aus der Notlage heraus entstehenden Akzeptanz jeglicher Tätigkeit, seien sie leichter auszubeuten. Fast die Hälfte der in den USA lebenden Migrantinnen und Migranten kommen aus Lateinamerika.

Die Organisation New York Communities for Change (NYCC) hat die Notlage erkannt. Um für die Rechte der Migranten aktiv zu werden, leistet NYCC Unterstützung bei der Gründung von Gewerkschaften der undokumentierten  Einwanderer. Der Arbeitsbereich der Organisation umfasst hauptsächlich die Verteidigung der Angestellten von Supermärkten und Autowaschanlagen, da dort vorwiegend Immigranten angestellt seien und hier die Ausbeutung am größten sei.

NYCC-Vorstandsmitglied Lucas Sánchez sagt, dass die Supermärkte in New York überwiegend Mexikaner oder Zentralamerikaner ohne Arbeitsgenehmigung einstellten. Diese arbeiteten manchmal zwischen 72 und 96 Stunden die Woche für einen Stundenlohn von 4,25 US-Dollar, weit unter dem von dem Gesetz vorgeschriebenen Mindestlohn. Dieser betrage in New York 7,25 US-Dollar, bei Überstunden 10,88 US-Dollar.

Laut Sánchez habe die NYCC bereits für 300 Personen Arbeitsverträge erzielt. Auch der gewerkschaftliche Zusammenschluss der Angestellten der Supermarktkette Master Food sei mit Unterstützung der Organisation zustande gekommen. Dennoch sei das Interesse der Migranten an der Gründung von Gewerkschaften in den USA eher verhalten. Die Einwanderer seien vorwiegend damit beschäftigt, Geld zu verdienen, um die hohen Mieten und Lebensmittelkosten zu decken und Geld an die Familien zu schicken. Auch sei die Furcht vor der Deportation groß genug, um den Beitritt zu einer Gewerkschaft hinauszuzögern.

Die Immigrationspolitik in den USA hat in vielen Fällen dazu geführt, dass Einwanderer, die bereits im Kindesalter in die Vereinigten Staaten migriert sind, auch im Erwachsenenalter keine Arbeits- oder Aufenthaltsgenehmigung erhalten. Darüberhinaus ist eine Greencard der Eltern nach der Volljährigkeit der Kinder für diese nicht zwingend geltend. Sie werden illegalisiert und es droht ihnen die Abschiebung. Ohne legalen Status leben viele junge Amerikaner mit Migrationshintergrund nicht nur in der Angst, ausgewiesen zu werden, ihnen ist auch der Zugang zur Universität und zum Militär verwehrt.

Neben den sich bildenden Gewerkschaften bietet der seit dem Jahr 2001 im US- Kongress vorliegende und umstrittene DREAM-Act (Development, Relief, and Education for Alien Minors Act) den Betroffenen einen möglichen Weg aus der Illegalität. Das überwiegend von Demokraten unterstützte Gesetz ermöglicht jugendlichen Immigranten, den sogenannten Dreamers, unter bestimmten Vorraussetzungen ein Studium oder einen Eintritt ins Militär, um dann anschließend eine Arbeitserlaubnis zu beantragen.

Die heftigen Proteste der Dreamers, eine der effektivsten und dynamischsten sozialen Bewegungen der jüngeren Vergangenheit in den USA, haben nun erste Erfolge gezeigt. Die Obama-Administration, bekannt für die Abschiebung von einer weitaus größeren Anzahl undokumentierter Einwanderer als alle bisherigen Regierungen in den USA, hat im vergangenen Juni über den Kongress hinweg entschieden und unter dem Defered Action Programm, 800.000 undokumentierten Immigranten die Beantragung befristeter Arbeitserlaubnisse, Führerscheine und weiterer notwendiger amtlicher Unterlagen genehmigt.

Die Entscheidung des US-Präsidenten sei vermutlich auch im Hinblick auf die vielen lateinamerikanischen Wählerstimmen in den USA und deren Einfluss auf die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen getroffen worden, schreibt die Journalistin Catherine Poe auf der Website der Washington Times. Dennoch ist es für die Dreamers eine bedeutende Errungenschaft.