Venezuela / Wirtschaft

Gute Aussichten für Venezuelas Wirtschaft

Nachhaltigkeit des Aufschwungs in Venezuela. Schuldenlast bleibt moderat und Inflation sinkt von hohem Niveau

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Entwicklung des venezolanischen Bruttoinlandsprodukts 1997-2012
Entwicklung des venezolanischen Bruttoinlandsprodukts 1997-2012

Washington. Der Aufschwung der venezolanischen Wirtschaft entwickelt sich nach der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise ab 2008 nachhaltig und könnte für mehrere Jahre anhalten. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Center for Economic and Policy Research (CEPR), die am Mittwoch veröffentlicht wurde.

Der Wirtschaftsaufschwung Venezuelas sei von Analysten und der Presse häufig in Frage gestellt worden, schreibt des CEPR. "Für die meisten Analysten stand in den vergangenen 13 Jahren Venezuelas wirtschaftlicher Zusammenbruch kurz bevor", sagte Mark Weisbrot, Co-Direktor des CEPR und Mitverfasser des Berichts. Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) habe mit seinen Prognosen bis zu 10,6 Prozentpunkte daneben gelegen. "Dennoch blieb der Kollaps aus, womit diese Vorhersagen vielmehr einem Wunschdenken zu entspringen scheinen", so Weisbrot.

Anfang 2009 trat die venezolanische Wirtschaft in eine Rezession ein. Der Aufschwung setzte nach fünf Quartalen im Jahr 2010 wieder ein. Die Wirtschaft wuchs 2011 um 4,2 Prozent und steigerte sich in der ersten Hälfte 2012 auf 5,6 Prozent. Trotzdem unterstellen die meisten Prognosen und Analysten weiterhin eine düstere Zukunft für Venezuelas Wirtschaft, kritisiert das CEPR. Dabei erkläre gerade die erfolgreiche Sozialpolitik seit der Verstaatlichung der Erdölindustrie und der aktuelle Aufschwung "warum Hugo Chávez höchstwahrscheinlich am 7. Oktober wiedergewählt wird", sagte Weisbrot.

Um die Nachhaltigkeit des Aufschwungs zu überprüfen, betrachtet der Bericht die Staatsschulden im In- und Ausland, die Inflation, die Zahlungsbilanz sowie weitere Faktoren. Er befindet, dass Venezuelas Schuldendienstlast im In- als auch im Ausland relativ moderat ausfällt und es in absehbarer Zukunft höchstwahrscheinlich zu keinen Finanzierungsproblemen kommen wird. Selbst wenn die Ölpreise zeitweise sinken würden, wie es etwa 2008/2009 der Fall war, könne Venezuela Kredite aufnehmen und damit Konjunkturprogramme finanzieren. "Angesichts der Tatsache, dass Venezuela in der Lage ist, seine öffentliche Schulden zu begleichen und dies auch zukünftig tun kann, befinden sich dessen Staatsanleihen mit großer Wahrscheinlichkeit unter ihrem Wert", so Weisbrot.

Auch das staatliche Wohnungsbauprogramm "Gran Misión Vivienda" fließt in die Untersuchung ein. Im letzten Jahr seien 147.000 neue Häuser errichtet worden, um der Wohnungsknappheit zu begegnen. Dies habe auch dem venezolanischen Wirtschaftsaufschwung einen Impuls versetzt. Für dieses Jahr sind im Rahmen des Programms weitere 200.000 Wohnungen geplant, von denen nach offiziellen Angaben 72 Prozent fertiggestellt wurden. Die Zahl der bisher gebauten Wohneinheiten würde bei einem vergleichbaren Programm in den USA etwa 1,6 Millionen Eigenheimen entsprechen, argumentiert das CEPR.

Aufgrund des Leistungsbilanzüberschusses von 6,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) über die vergangenen zwölf Monate, weitere Währungsreserven in Höhe von 24,6 Mrd. US-Dollar und aller Voraussicht nach steigenden Ölpreisen sei es sehr unwahrscheinlich, dass Venezuela Probleme bei der Zahlungsbilanz bekomme. Zusätzliche Sicherheit verschaffe die Möglichkeit, sich Kredite zu besonders niedrigen Zinssätzen in China zu beschaffen. Auch zeigt der Bericht, dass die jährliche Inflationsrate in den vergangenen drei Monaten auf 13,7 Prozent gesunken ist, während zeitgleich das Wirtschaftswachstum zulegte.

"Ein Land, das auf 500 Milliarden Barrel Öl sitzt, hat viel Raum für Experimente", meint Weisbrot. "Durch eine vernünftige Wirtschaftspolitik und öffentliche Investitionen könnte sich Venezuela noch etliche Jahre ein erneutes Wirtschaftswachstum leisten."