Argentinien / Venezuela

"Geldkofferaffäre" in Argentinien: Venezuela zieht erste Konsequenzen

Ein seltsamer Vorfall rückt die venezolanische Regierung in die Nähe eines Korruptionsskandals. PdVSA-Vizepräsident entlassen

geldkofferaffaere.jpg

"Geldkofferaffäre" in Argentinien: Venezuela zieht erste Konsequenzen
Guido Antonini Wilson

Die venezolanische Regierung hat dem Druck aus Argentinien und der Medien in Venezuela nachgegeben und in der sogenannten Geldkofferaffäre erste Konsequenzen gezogen. Wie der staatliche Ölkonzern PdVSA am Freitag nachmittag (Ortszeit) bestätigte, wurde der Vizepräsident des Konzerns für Amerika, Diego Uzcátegui Matheus, entlassen.

Vor knapp zwei Wochen war ein venezolanischer Staatsangehöriger, Guido Antonini Wilson, von argentinischen Zollfahndern ertappt worden, als er versuchte, 800.000 US-Dollar in bar in einem Koffer nach Argentinien einzuschmuggeln. Obwohl der Geschäftsmann Wilson kein staatlicher Angestellte ist, reiste er offenbar auf dem Flug von Caracas nach Buenos Aires zusammen mit einer Delegation der PdVSA und höheren Angestellten des argentinischen staatlichen Energiekonzerns ENARSA in einem von diesem gecharterten Privatjet. Wilson soll auf Einladung des Sohnes von PdVSA-Vize Uzcátegui Matheus an dem Flug teilgenommen haben. Diese Verbindung führte nun zur Entlassung des Vizepräsidenten. Warum Wilson das Geld bei sich hatte und für wen es bestimmt war, ist weiter unklar. Der Fall wird mit Verdacht auf Geldwäsche untersucht.

Brisanterweise wurde die Affäre erst einige Tage nach dem Vorfall durch private Medien in Venezuela und Argentinien bekannt gemacht. Sie erschien genau an dem Tag in den Schlagzeilen, an dem der venezolanische Präsident Hugo Chávez bei seinem argentinischen Kollegen Nestor Kirchner zu einem Staatsbesuch eintraf. Chávez war nach Argentinien gekommen um mit Kirchner verschiedene Abkommen zu unterzeichnen.

Beide Präsidenten sehen sich nun in ihren Ländern gleichermaßen Korruptionsvorwürfen ausgesetzt. Sie distanzierten sich scharf von der Affäre und forderten eine Bestrafung der Verantwortlichen. Nun hat Chávez erste Konsequenzen gezogen.

Auf argentinischer Seite wackelt der Stuhl von Exequiel Espinosa, dem Vorstandsvorsitzenden von ENARSA. Espinosa war einer der acht Passagiere des Fluges Caracas-Buenos Aires, der Wilson und den Geldkoffer in die argentinische Hauptstadt brachte. Der Enarsa-Chef wäre damit die zweite ranghohe Figur aus dem Umfeld der Kirchner-Regierung, die in Folge des Skandals ihren Posten verlieren würde. Letzte Woche hatte bereits Claudio Uberti, enger Vertrauter des argentinischen Planungsministers Julio de Vido, seinen Hut nehmen müssen. Uberti war der Koordinator der engen bilateralen Beziehungen, die sich seit 2003 zwischen Kirchner und Chávez ergeben hatten.

Der venezolanische Innenminister Pedro Carreño prangerte in einer Pressekonferenz den Missbrauch des Vorfalls für eine Medienkampagne gegen die Regierung an, die speziell gegen die Erfolge dieser Südamerika-Tour von Hugo Chávez gerichtet sei. "Wenn der Koffer am Samstag konfisziert wurde, warum haben sie bis Dienstag gewartet, als Chávez ankam, um den Fall zu veröffentlichen?" fragte Carreño.

Auch der venezolanische Außenminister Nicolas Maduro kritisierte die Medien, weil sie Wilson fälschlicherweise als Staatsangestellten bezeichnet hatten. Der Vorfall würde von interessierten Kreisen hochstilisiert um die lateinamerikanische Integration zu torpedieren und dem Ansehen Venezuelas zu schaden. Wie in jedem Land werde der Fall von den zuständigen Institutionen gründlich untersucht und diese sollten jetzt erstmal ihre Arbeit machen können, so Maduro.

Am Samstag fand in Caracas eine große Solidaritätskundgebung für die Politik der Regierung Chávez demonstrativ vor dem Sitz von PdVSA statt. Die Teilnehmer forderten weitere Aufklärung in der Korruptionsaffäre und nahmen dabei den unter Beschuss stehenden Ölminister und Präsidenten von PdVSA, Rafael Ramírez Carreño, in Schutz. Sie protestierten gegen die Kampagne der oppositionellen Privatmedien gegen die Regierung.

Mit der Veranstaltung kamen die Regierungskräfte der Opposition zuvor, die ebenfalls vor dem PdVSA-Gebäude gegen Korruption demonstrieren wollte.

Wie Venezuelaanalysis.com berichtet, ist der Geschäftsmann Wilson ein 46-jähriger US-Amerikaner, der aus Venezuela stammt und seinen Wohnsitz in Miami hat. Dort besitzt er eine Villa. Offizielle Stellen in Venezuela bestätigten laut dem Informationsportal ohne nähere Ausführungen, dass er mit PdVSA Geschäfte mache. Manche Quellen bringen ihn mit dem privaten Ölkonzern Venoco in Verbindung, der Aufträge von PdVSA erhält.


Siehe auch: Koffer-Gate in Südamerika (junge Welt, 18.08.2007)