Amerikas

Protest gegen Adenauer-Stiftung

Deutsch-brasilianisches Forum in Berlin: Die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung lädt Verantwortlichen für Massaker an Landarbeitern ein

Berlin. Geht es um Staaten wie Venezuela, Bolivien oder Kuba, präsentiert sich die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung gern als Hüterin der Demokratie. Dass sie es bei ihr nahe stehenden Politikern aus Lateinamerika nicht so genau nimmt, beweist ein internationaler Kongress, der derzeit in Berlin stattfindet. Auf dem IX. Deutsch-Brasilianischen Symposium befassen sich Gäste aus beiden Staaten mit dem Thema "Innere Sicherheit und demokratische Gesellschaft". Eine sehr eigene Auffassung davon hat zumindest einer der Konferenzgäste: Paulo Sette Câmara ist für eines der größten Massaker an Landarbeitern in Brasilien verantwortlich.

Am 17. April 1996 wurden dabei nahe der Stadt Eldorado dos Carajás im Bundesstaat Pará 19 Demonstranten von der Militärpolizei regelrecht hingerichtet. Das Datum wird seither in dem südamerikanischen Land und weltweit als "Tag der Landlosen" begangen. Bis heute wurde niemand der Verantwortlichen belangt. Sette Câmara war damals Minister für öffentliche Sicherheit dieses Staates. Als die brasilianische Tageszeitung Jornal do Brasil nach dem Verbrechen damals mit Sette Câmara sprach, war dieser sich keines Unrechts bewusst. "Im Fall von Widerstand, waren sie (die Militärpolizisten) zu Gegenreaktionen autorisiert, einschließlich Schusswaffengebrauch", erklärte er damals freimütig.

Es sorgt für Wirbel, dass er zwölf Jahre nach der Bluttat in Berlin zur "Gewalt als Herausforderung für die Demokratie" referieren soll. "Die Konrad-Adenauer-Stiftung lädt den politisch Verantwortlichen für das Massaker als Gast zu ihrer Tagung ein und verletzt damit das Angedenken der erschossenen Landarbeiter", kritisiert Kirsten Bredenbeck von dem Verein "Kooperation Brasilien" mit Sitz in Freiburg. Eine Protesterklärung wurde nicht nur von dieser Gruppe, sondern auch vom Berliner "Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika" (FDCL) und von hiesigen Unterstützern der brasilianischen Landlosenbewegung MST unterzeichnet.

Pünktlich zum Beginn des IX. Deutsch-Brasilianischen Forums am Donnerstag in Berlin wandte sich zudem der brasilianische Bischof Dom Xavier Gilles de Maupeou d´Ableiges mit einem offenen Brief an die Stiftung. Der Geistliche zeigte sich "angesichts der Einladung an Herrn Sette Câmara erschüttert, da dieser als Landesminister in Pará im Jahr 1996 die Anweisungen für den Angriff auf Landarbeiter gab, die eine Bundesstraße besetzt hielten, und friedlich für eine Agrarreform demonstrierten". Seine 1975 gegründete Organisation der katholischen Kirche vertraue darauf, "dass die Konrad-Adenauer-Stiftung die Einladung an Herrn Sette Câmara zurücknimmt", heißt es in dem offenen Brief. Das hatte der Lateinamerika-Experte der Stiftung auf jW-Anfrage jedoch bereits im Vorfeld der Veranstaltung ausgeschlossen.


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