Amerikas

Urnengang in Nicaragua

Ein Hurrikan und die Kommunalwahlen ziehen über das Land

Nicaragua erlebt ein stürmisches Wochenende: seit Samstag fegt der Hurrikan "Omar" über das zentralamerikanische Land - und am heutigen Sonntag wählen die Nicaraguaner in 146 der 153 Kommunen die Bürgermeister neu. Die internationale Presse sieht in der Wahl einen Gradmesser für die Verankerung des linksgerichteten Präsidenten Daniel Ortega in der Bevölkerung.

Der Comandante der Nationalen Sandinistischen Befreiungsfront (FSLN) war 2006 ins Präsidentenamt gewählt worden. Seit seinem Wahlkampf fährt er einen politischen Zickzack-Kurs auf allen Ebenen. Auf der einen Seite sucht der Sandinist den Ausgleich mit dem ideologischen Feind: an die USA ist er durch ein Freihandelsabkommen gebunden und die Katholische Kirche hat er mit einem der schärfsten Abtreibungsgesetze beglückt. Auf der anderen Seite hofiert Ortega die evangikalen Kirchen, die in Nicaragua ein Gegengewicht zur Römischen Kurie darstellen. Außen- und wirtschaftspolitisch arbeitet der Sandinist eng mit seinen Amtskollegen in Venezuela und Kuba, Hugo Chávez und Raúl Castro, zusammen. Innenpolitisch hantiert er einerseits mit der rechten Konstitutionalistischen Liberalen Partei (PLC) des Ex-Präsidenten Arnaldo Alemán. Andererseits hat er das privatisierte Gesundheits- und Bildungswesen wieder verstaatlicht. Neben dem wieder kostenlosen Arzt- und Schulbesuch soll das Sozialprogramm "Hambre Cero" (Null Hunger) der vorwiegend armen Bevölkerung helfen, sich mit Grundnahrungsmitteln selbst zu versorgen. Ortegas Taktiererei hat ihn vorerst vor Putschen wie in Venezuela bewahrt. Dafür war er über die persönliche Seite angreifbarer. Und das nutzten seine Gegner aus.

Da ist an erster Stelle der Mißbrauchsvorwurf, der die 17 Jahre währende Liebesbeziehung Ortegas zu seiner damals minderjährigen Stieftochter überschattet. Diese machte den Fall erst dann publik, als der Comandante die mittlerweile erwachsene Frau nicht heiraten wollte. Seitdem wird die schmutzige Wäsche öffentlich gewaschen, obwohl in der Sache niemals ein Richterspruch erging. Die Wahrheit versinkt im Sumpf von Desinformationskampagnen, in denen die USA Meister sind, politischen und persönlichen Interessen. Alle weiteren Analysen werden dem so geschaffenen schlechten Image von Ortega untergeordnet. In dieses Bild paßt, daß sich auch der Poet Ernesto Cardenal als ein Opfer des Sandinisten darstellt. Der ehemaligen Ikone der Revolution droht eine Haft- und Geldstrafe in einem Verleumdungsverfahren, dass ein Deutscher gegen Cardenal in Nicaragua führt. Der Literat weiss, dass er aufgrund seines Alters eine Gefängnisstrafe nicht antreten muss. So schreibt es das Gesetz vor. Und Ortega spielt auch keine Rolle in dem Verfahren, weil er nicht zu Beteiligten gehört.

Falls die Sandinisten die Wahl gewinnen sollten, liegt das daran, so sagen ihre Kritiker, dass die FSLN-Abspaltung, die Sandinistische Erneuerungsbewegung (MRS), und eine rechte Minipartei aus formaljuristischen Gründen nicht zugelassen wurden. Aus derselben Ecke wird bemängelt, dass die NGO "Ética y Transparencia" die Wahl nicht beobachten darf. Die Gruppe gibt aber zu, dass sie von der USAID, einer Vorfeldorganisation der CIA, finanziert wird, die auch die Putschisten in Venezuela unterstützt hat.

Ortegas Gegner im In- und Ausland hängen die Bedeutung dieser Kommunalwahl so hoch, weil sie befrüchten, dass ein positives Ergebnis für die FSLN, deren Pläne für einer Verfassungsänderung nach venezolanischem oder ecuadorianischem Vorbild beschleunigen könnte.