Brasilien / Soziales

Ministerium zählt Obdachlose in Rio de Janeiro

Bisherige Politik habe keine Ergebnisse gebracht. Freie Unterkunftsplätze und Tageszentren mit Bildungsangeboten geplant

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Ein Drittel der Obdachlosen hält sich im Stadtzentrum auf
Ein Drittel der Obdachlosen hält sich im Stadtzentrum auf

Rio de Janeiro. Das Ministerium für soziale Entwicklung (SMDS) von Rio de Janeiro hat eine "Zählung der im Jahr 2013 auf der Straße lebenden Bevölkerung" durchgeführt. Nach Angaben des Ministeriums habe man dadurch die wirklichen Bedürfnisse der Obdachlosen ermitteln und genaue Zahlen erhalten wollen. Nach einer viertägigen Befragung von 650 Personen wurde eine detaillierte Situationsanalyse veröffentlicht.

Demnach leben aktuell 5.580 Menschen in Rio de Janeiro auf der Straße, 65 Prozent davon länger als ein Jahr. Fast 34 Prozent der Obdachlosen halten sich im Stadtzentrum auf. Der größte Teil der Obdachlosen (rund 82 Prozent) sind Männer, etwa 70 Prozent derjenigen, die auf der Straße leben sind zwischen 25 und 59 Jahre alt, 17,5 Prozent sind im Alter zwischen 18 und 24 Jahren.

Zwei Drittel der Befragten haben die Grundschule besucht, etwa 14 Prozent verfügen über eine mittlere und zwei Prozent über eine höhere Schulbildung. Etwa ein Drittel der befragten Obdachlosen kommt aus anderen Bundesstaaten Brasiliens, der Anteil von Ausländern beträgt weniger als ein Prozent.

Laut der Untersuchung hätten die Obdachlosen meist eine niedrige Schulbildung, seien häufig Konsumenten von Alkohol und anderen Drogen, zeigten ein starkes Risikoverhalten, hätten eine eingeschränkte Leistungsfähigkeit und häufig mit psychischen oder mentalen Störungen zu kämpfen. Oft hätten sie eine von Gewalt geprägte Vergangenheit und kämen aus schwierigen familiären Situationen, hätten häufig ihr Zuhause gewechselt und seien von Erwachsenen bzw. Männern dominiert worden.

In einer Presseerklärung teilte der stellvertretende Bürgermeister und Stadtsekretär für soziale Entwicklung, Adilson Pires, mit, man wolle von der Unterbringung von Obdachlosen auf unbestimmte Zeit in kommunalen Herbergen weg. Die bisher übliche Politik, wie zum Beispiel die Ausweitung von Herbergen ohne vorherige Planung oder die zwangsweise Unterbringung, habe keine Erfolge gezeigt. Pires machte deutlich, dass man heute für eine Politik der Miteinbeziehung eintrete - und nicht für eine Unterbringung auf unbestimmte Zeit in Räumen der Gemeinde.

Die städtischen Behörden entwerfen nun einen Plan für die Aufnahme und soziale sowie familiäre Wiedereingliederung von Menschen, die auf der Straße leben. Dieser Aktionsplan sieht die Schaffung von 2.100 freien Unterkunftsplätzen und den Bau von 40 Einrichtungen bis zum Jahre 2016 vor. Für Erwachsene werden drei Tageszentren gebaut, die von acht bis 20 Uhr geöffnet sein und Fortbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen anbieten sollen. Drei Unterkünfte sind geplant – jede mit einer Kapazität von bis zu 200 Personen – wo die Besucher der Tageszentren übernachten und Abendessen und Frühstück erhalten sollen. Der Schwerpunkt weiterer Maßnahmen wird im Zentrum und in den südlichen Vierteln der Stadt liegen.