Volkskongress macht Front gegen die Energiereform

Teilnehmer fordern Rücknahme neoliberaler Gesetze und rufen Bevölkerung zum Widerstand auf

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Die Proteste gegen die umstrittene Energiereform reissen nicht ab: "Das Erdöl gehört allen"
Die Proteste gegen die umstrittene Energiereform reissen nicht ab: "Das Erdöl gehört allen"

Mexiko-Stadt. Die Teilnehmer des ersten Volkskongresses in Mexiko haben sich am vergangenen Mittwoch mit einem Aufruf an die Bevölkerung und die sozialen Bewegungen sowie Nichtregierungsorganisationen gewandt.

Darin fordern sie zur breiten öffentlichen Debatte über Reformen auf, die derzeit politisch durchgesetzt werden sollen. Auch soll die nahezu unregierbare Lage, in welche das Land geraten sei, diskutiert werden Zu den Organisatoren des Kongresses zählten namhafte Intellektuelle, aber auch Kirchenvertreter wie Monsignore Raúl Vera und Schriftsteller wie Paco Ignacio Taibo II und Elena Poniatowska.

Etwa 3.000 angemeldete Teilnehmer waren dem Appell zum Volkskongress gefolgt, darunter Vertreter der Atenco-Bewegung, des Volkskongresses in Campeche, Wissenschaftler verschiedener Forschungsinstitute und Universitäten. Der Sprecher einer Bürgerwehr aus Michoacán, Jose Manuel Mireles, schickte eine Vertreterin. Anwesend waren auch Delegierte der Gewerkschaft des Energiesektors SME und der unabhängigen Bildungsgewerkschaft CENTE. Debattiert wurde über die von Präsident Enrique Peña Nieto von der Partei der Institutionellen Revolution (PRI) durchgesetzten Reformen bei Bildung, Energie und Steuern sowie insbesondere über Widerstandsstrategien.

Die Forderung nach einer Abschaffung der sogenannten Energiereform und  nach Änderungen an den damit in Zusammenhang stehenden Verfassungsartikeln war der erste Beschluss, den der Volkskongress fasste.

Die Energiereform Peña Nietos wurde im vergangenen Dezember vom mexikanischen Parlament verabschiedet – ohne ausreichend gründliche Auseinandersetzung mit ihrem Inhalt, wie Kritiker meinen. Mit der Reform soll die angeschlagene mexikanische Erdöl- und Erdgasindustrie mit Hilfe ausländischer Direktinvestitionen modernisiert werden. Produktion und der Verkauf, die zuvor staatlich reguliert waren, sollen fortan überwiegend und ohne Begrenzung über multinationale Konzerne realisiert werden. Der staatliche Energiekonzern PEMEX verliert sein Monopol im Energiesektor und ist nun ein Unternehmen, das mit ausländischen Konzernen wie Shell oder Exxon konkurrieren muss. Im Gegenzug sollen sich die ausländischen Unternehmen mit Investitionen an der Sanierung der Infrastruktur beteiligen.

Um die Reform zu ermöglichen, wurden die Artikel 25,  27 und 28 der Verfassung Mexikos geändert. Dieses Artikel verankerten die Verstaatlichung des Erdöls, beschlossen am 18. März 1938 unter dem damaligen Präsidenten Lázaro Cárdenas. Artikel 27 garantierte dem Staatskonzern PEMEX bisher das alleinige Recht in der Erdölausbeutung.

Im Rahmen der anhaltenden Proteste gegen die Energiereform geht die "Konstitutionelle Bewegung zur Verteidigung des Volkes" (Movimiento Constitucional de defensa del pueblo) nun auch juristisch vor. Sie betrachtet die Reform insgesamt als verfassungswidrig. Die Annahme der Klage durch die Richter sei bereits ein kleiner Erfolg, erklärten Vertreter der Bewegung. Die nächste Anhörung in der Sache findet am 24. Februar statt. Der linksorientierte ehemalige Präsidentschaftskandidat Manuel López Obrador stellte bei der mexikanischen Generalstaatsanwaltschaft ebenfalls Anzeige gegen Peña Nieto wegen Landesverrats.

Im Laufe des Volkskongresses wurden Vorschläge zur Fortführung des Protests unterbreitet. Angeregt wurden Aktionen wie die Besetzung von Bildungseinrichtungen und anderer öffentlicher Gebäude sowie die Ausrufung eines landesweiten Streiks. Für den 18. März, den Jahrestag der Erdölverstaatlichung, wird die Bevölkerung zu einer großen Kundgebung gegen die Energiereform und gegen die Politik von Peña Nieto auf dem zentralen Platz Zócalo in Mexiko-Stadt aufgerufen. Wie die Proteste in anderen Teilen Mexikos fortgesetzt werden sollen, wollen die Teilnehmer des Kongresses in den kommenden Tagen vor Ort beraten.