Nicaragua / Politik / Umwelt

Protest gegen Kanalbau in Nicaragua

Bis zu 5.000 Menschen haben in Managua an friedlichem Protest gegen geplanten Nicaragua-Kanal teilgenommen. Baubeginn Ende Dezember

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"Für unsere Gesundheit und für jene des Planeten –  Nein zum Kanal", stand auf einem Transparent
"Für unsere Gesundheit und für jene des Planeten – Nein zum Kanal", stand auf einem Transparent

Managua. Mehrere tausend Menschen sind am Mittwoch in Nicaraguas Hauptstadt Managua gegen den geplanten Bau des Interozeanischen Kanals auf die Straße gegangen. Sie protestierten anlässlich des Internationalen Tages der Menschenrechte vom 10. Dezember für ihr "Recht auf Selbstbestimmung, Privatbesitz und eine intakte Umwelt".

"Für unsere Gesundheit und für jene des Planeten – Nein zum Kanal", stand auf einem Spruchband geschrieben, das Demonstranten mit sich führten. "Nicaragua gehört uns – verteidigen wir unser Land", hieß es auf einem anderen Banner. Ihren Anliegen verliehen die je nach Quelle 4.000 bis 5.000 Beteiligten mit lautstarken Parolen Ausdruck. Diese richteten sich teilweise auch sehr direkt gegen den nicaraguanischen Präsidenten Daniel Ortega. Er solle sich davon machen, schrien die an vorderster Front marschierenden. "Wir wollen Demokratie, keine Diktatur". Nicaragua gehöre nicht dem Präsidenten und seiner Familie, sondern dem Volk. Ortega sei ein Landesverräter, weil er Nicaragua an die Chinesen ausverkaufe.

Die Mehrheit der Protestmarsch-Teilnehmer stammte aus jenen Regionen im Süden Nicaraguas, die vom Bau des Kanals direkt betroffen sind. Sie hätten Angst, ihr Haus und Land und damit ihre Existenzgrundlage zu verlieren, erklärten etwa Einwohner von Ometepe gegenüber amerika21. Auf der Vulkaninsel im Nicaraguasee soll ein riesiger Tourismuskomplex als Nebenprojekt des Kanals entstehen. Dass sie für den Verlust ihres Besitzes entschädigt werden sollen, ist für viele zweitrangig. Auch befürchten die Menschen in den südlichen Provinzen Rivas, Caribe Sur und Río San Juan beträchtliche Umweltschäden, vor allem am Nicaraguasee, der laut Schätzungen von Umweltschutzorganisationen bis zu 80.000 Anwohnern als Trinkwasserreserve dient. Mehr als 100 der 272 geplanten Kanal-Kilometer sollen durch den See führen.

Nicht alle, die wollten, hätten an der Kundgebung vom Mittwoch teilnehmen können. Wie der unabhängige Radiosender "Corporación", die Tageszeitung "La Prensa" sowie die Organisatoren des Protestmarsches berichteten, wurden zahlreiche Busse und Sammeltaxis – auch aus anderen Landesteilen – von der Nationalpolizei an der Fahrt in die Hauptstadt gehindert. Die Nationalpolizei ist seit einer Verfassungsänderung vom Januar 2014 genauso wie das Militär direkt dem Präsidenten unterstellt. Zudem wurden den Angaben der genannten Medien zufolge Chauffeure interregionaler Busse bereits am Vorabend von der Polizei aufgefordert, gar nicht erst loszufahren. Das Eintreffen der lange erwarteten Delegation aus Nueva Guinea in der Provinz Caribe Sur wurde von den bereits anwesenden Protestierenden denn auch wie ein Sieg bejubelt.

Sein Ende fand der friedliche Marsch schließlich beim Gebäude der Vereinten Nationen im Zentrum Managuas. "Die ganze Welt soll erfahren, was derzeit in Nicaragua passiert", lautete dazu die Begründung der Protestorganisatoren vom "Nationalen Komitee für die Verteidigung des Landes, des Sees und der nationalen Souveränität".

Dies war der 16. Protestmarsch seit der vor knapp drei Monaten begonnenen und inzwischen bereits abgeschlossenen Erhebung von Zensusdaten entlang der Kanalroute durch die Konzessionärin HKND. Ungeachtet der Proteste soll der Bau des Kanals am 22. Dezember dieses Jahres beginnen. Nach Regierungsangaben stehen nach wie vor über 70 Prozent der Bevölkerung hinter dem Projekt.