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Europaabgeordnete reisen nach Mexiko

Eltern der Verschwundenen hoffen auf Unterstützung seitens der EU-Delegation. Die mexikanische Regierung zeigt sich wenig kooperativ

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Familien der im September verschwundenen Studenten bei einer Pressekonferenz
Angehörige der im September verschwundenen Studenten bei einer Pressekonferenz im vergangenen November

Mexiko-Stadt. Vom 18. bis 20. Februar hat eine Delegation europäischer Abgeordneter Mexiko besucht, um sich mit den Eltern der Verschwundenen und mit der mexikanischen Regierung zu treffen. Die Delegierten äußerten große Zweifel an der offiziellen Version der Regierung unter Präsident Enrique Peña Nieto von der Partei der Institutionellen Revolution (PRI) zum Fall Ayotzinapa. Sie zeigten sich besorgt über die ungebremst steigende Zahl Verschwundener in Mexiko, die nicht angemessen für ein demokratisches Land sei, sondern eher für eine Diktatur.

Bereits fast fünf Monate sind vergangen, seit die Lehramtsstudenten in Iguala im Bundesstaat Guerrero verschwunden sind. Im Januar erklärte die Regierung aufgrund einer dürftigen Beweislage die Studenten für tot und den Fall Ayotzinapa damit für abgeschlossen. Sowohl die Vereinten Nationen als auch die argentinischen Forensiker, die im Auftrag der Eltern der Verschwundenen den Fall untersuchten, erhoben starke Zweifel an der Wahrhaftigkeit und Schlüssigkeit des Abschlussberichts, den die Regierung präsentierte. Das Vertrauen in Politik und Staatsanwaltschaft ist verschwindend gering, weshalb die Eltern die Suche nach den Studenten fortführen. Sie werfen der Regierung vor, den Fall schnell abschließen zu wollen, um ihn der politischen und medialen Agenda zu entziehen.

Bei den Gesprächen mit den EU-Abgeordneten forderten die Eltern hauptsächlich eine Neubearbeitung zur Klärung des Falls. Auch sollen sie die Regierung dazu auffordern, die Arbeit internationaler Experten zu vereinfachen. Bernabé Abraján, Vater eines verschwundenen Lehramtsstudenten, zeigte sich in einem Interview hoffnungsvoll: "Sie versprachen, dass sie alles in ihrer Macht Stehende tun werden, um die Regierung dazu zu bringen, auf allen Ebenen, der kommunalen, der bundesstaatlichen und der nationalen, den Fall zu untersuchen, denn hier sind die Verantwortlichen für den Schaden, den sie unseren Söhnen antaten." Abraján versicherte, dass gemeinsam mit der Hilfe der EU-Abgeordneten und der Unterstützung von Experten der Interamerikanischen Kommission für Menschrechte (CIDH), mit dessen Präsidenten sich die Eltern vergangenen Donnerstag trafen, der Aufenthaltsort ihrer Söhne bestimmt werden könne.

Die folgenden Gespräche mit der Regierung führten allerdings zu kaum nennenswerten Fortschritten im Fall der verschwundenen Studenten. Auf Nachfrage, weshalb man die Version der argentinischen Forensiker nicht anerkenne, blieb die Regierung eine Antwort schuldig. Omar Fayad (PRI), Präsident der Kommission für öffentliche Sicherheit, äußerte lediglich, dass die Familien das Ergebnis der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft nicht anerkennen, liege daran, dass sie manipuliert seien. Er betonte vor der Delegation aus Europa, dass die Untersuchungen im Fall Ayotzinapa "weltweit eine der schnellsten und gründlichsten Ermittlungen zum Verschwindenlassen von Personen war. In Mexiko ist der Fall praktisch abgeschlossen." Außerdem handele es sich um einen Einzelfall, hielt er mit Nachdruck fest. Den Aussagen Fayads widersprach allerdings die Äußerung des mexikanischen Innenministers Miguel Àngel Osorio Chong, der den Abgeordneten versicherte, dass die Untersuchungen im Fall Ayotzinapa weitergehen.

Seine Parteikollegin Blanca Alcalá präsentierte der Delegation aus Europa die kürzlich im Kongress erlassenen Gesetze, um das Gewaltproblem in Mexiko zu lösen. Der deutsche Abgeordnete Thomas Mann entgegnete darauf, dass die Eltern der verschwundenen Studenten "keine Ausreden wollen, sie wollen die Wahrheit".

Die polnische Abgeordnete Donata Jazlowieck warf der Regierung unsensibles Verhalten im Umgang mit den Familien und der Aufklärung des Falls vor. Auch auf ihre Fragen, wie sich die Regierung mit der Gesellschaft verständige oder wie sie mit den Familien der Verschwundenen kommuniziere, erhielt Jazlowieck keine klaren Antworten.

Die Delegation forderte die mexikanische Regierung auf, den Fall lückenlos aufzuklären. Pina Picierno, italienische Europaabgeordnete, betonte, dass es wichtig sei, alle Fälle mit einzuschließen. Außerdem müsse man "akzeptieren, dass das Problem des organisierten Verbrechens existiert, denn die Zahlen sind vergleichbar mit einem kriegerischen Konflikt". Sie erklärte weiter, dass es "120.000 Tote in Verbindung mit dem organisierten Verbrechen gibt, Zehntausende tote Migranten, all das bleibt unbestraft".