Venezuela / Politik

Nationales Parlament der Kommunen in Venezuela eingesetzt

Sprecher der Kommunen bilden landesweites Parlament. Basisorganisationen beraten über Gesetzesvorschläge. Opposition spricht von Verfassungsbruch

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Sitzung des Kommunalparlaments am Dienstag in Caracas. Vorn am Mikrophon die PSUV-Abgeordnete Blanca Eekhout
Sitzung des Kommunalparlaments am Dienstag in Caracas. Vorn am Mikrophon die PSUV-Abgeordnete Blanca Eekhout

Caracas. In Venezuela hat im Plenarsaal der Nationalversammlung am Dienstag erstmals das in der Vorwoche eingesetzte Parlament der Kommunen getagt, das sich aus Sprechern dieser Gliederungen aus dem gesamten Land zusammensetzt.

Die Kommune in Venezuela ist der Zusammenschluss mehrerer Kommunaler Räte, einer Struktur der Selbstverwaltung auf lokaler Ebene. Sie sind seit 2006 gesetzlich verankert und haben Verfassungsrang. Gewählte Nachbarschaftsvertreter sind zur Planung und Haushaltsgestaltung in lokalpolitischen Angelegenheiten berechtigt.

Das nationale Parlament der Kommunen wurde von den regierenden Sozialisten kurz nach ihrer Niederlage bei den Parlamentswahlen aktiviert. Bei der Abstimmung am 6. Dezember hatte das Oppositionsbündnis "Tisch der Demokratischen Einheit" (MUD) zwei Drittel aller Sitze gewonnen. Die erstmalige Einberufung des Gremiums geht auf die Zusammenkunft von Vertretern der Kommunen und chavistischer Basisgruppen mit Präsident Nicolás Maduro Mitte des Monats zurück.

Zu seiner Gründung sagte der derzeitige Parlamentspräsident Diosdado Cabello, die "bolivarische Revolution" müsse weiter vorangetrieben werden. Die neue Nationalversammlung werde lediglich ein Parlament im Dienst der Bourgeoisie sein, seine Arbeit werde dem Volk nicht zugutekommen.

Die Schaffung des Parlaments der Kommunen ist eng mit dem Konzept der Gründung des Kommunalen Staates verknüpft, das der im März 2013 verstorbene Präsident Hugo Chávez vertreten hatte. Venezuelas föderalem Staat, der aus drei Ebenen – Nationalstaat, 24 Teilstaaten und 335 lokalen Verwaltungsbezirken – besteht, hatte er den Aufbau einer basisdemokratischen Rätedemokratie und der "Poder Popular" (Volksmacht) entgegengesetzt. Ziel sei die Selbstregierung des Volkes und die Überwindung des bürgerlichen Staates, so Chávez. In den vergangenen zehn Jahren haben sich mindestens 46.000 Kommunale Räte gebildet. Im Januar dieses Jahres existierten bereits 931 Kommunen. Die lokalen Verwaltungsbezirke und Bundesstaaten bestehen jedoch weiterhin.

Das Nationale Kommunalparlament soll die höchste Instanz der Kommunen bilden. Seine genauen Aufgaben sind bisher allerdings noch unklar. Zunächst solle es Vorschläge für die Regierungspolitik erarbeiten. Aussagen von Präsident Maduro und Diosdado Cabello zufolge sollen die Kompetenzen aber weit darüber hinausgehen. Wie Cabello der staatlichen venezolanischen Nachrichtenagentur AVN gegenüber erklärte, wird durch das Kommunalparlament eine Legislative geschaffen, die es dem Volk erlaube, über Ressourcen, Regierungsführung, Gesetze sowie über seine Art zu leben zu entscheiden. Maduro sagte, er wolle dem Kommunalparlament "alle Macht" geben, es werde eine legislative Instanz des Volkes sein.

Vertreter des MUD bezeichneten das neu geschaffene Parlament indes als "nicht verfassungskonform" und als "nicht existent in der venezolanischen Rechtsordnung". Wie die Tageszeitung Últimas Noticias berichtet, haben zahlreiche Juristen die Bedenken von Mitgliedern der Opposition zurückgewiesen, dass das Kommunalparlament die Nationalversammlung ablösen solle. Dieses könne zwar eigene Kompetenzen besitzen, aber eben nicht die der etablierten Nationalversammlung. Gemäß der Verfassung von 1999 stellt sie weiterhin die Legislative des Landes dar.

Laut der staatlichen Zeitung Correo del Orinoco beraten soziale Organisationen des Landes bereits über Gesetzesvorschläge, die im kommenden Jahr im Kommunalparlament diskutiert und im Anschluss zur Abstimmung an die Nationalversammlung weitergegeben werden sollen.

Es gibt jedoch auch Kritik von der chavistischen Basis am Vorgehen der Regierung. Vertreter von Comunas aus dem Bundesstaat Lara gaben am Montag bekannt, dass sie an den Sitzungen des Kommunalparlaments nicht teilnehmen. Sie seien "in keiner Weise ernsthaft und transparent". In einer Stellungnahme werfen sie der Nationalversammlung und dem Ministerium für die Kommunen vor, die Anzahl der Teilnehmer, die Tagesordnung und die Redezeit zu diktieren. Ihnen liege nichts am "Impuls der Volksmacht", sondern sie wollten die Sprecher der Comunas nur benutzen, "um sich reinzuwaschen". Zugleich riefen sie die Basisaktivisten auf, ein "wahrhaftiges Parlament der Comunas" ohne Einmischung und Auflagen zu schaffen. In jüngster Zeit war die Kritik am Autoritarismus der Regierungspartei PSUV und ihrer Distanz zur Bevölkerung sowie der weit verbreiteten Korruption in Partei- und Regierungsstrukturen immer massiver geworden.