Brasília. In Brasilien sind Experten in einem 223 Seiten umfassenden Bericht des Senats zu dem Ergebnis gekommen, dass keine Beweise für die Verschleierung der Staatsfinanzen oder Zahlungsverzögerungen durch die suspendierte brasilianische Präsidentin Dilma Rousseff vorliegen. Die Opposition hatte Rousseff Bilanztricks im Staatshaushalt vorgeworfen, woraufhin das Abgeordnetenhaus Mitte April für die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens gestimmt hat. Rousseffs präsidiale Aufgaben werden seitdem – zunächst für 180 Tage – von ihrem Konkurrenten Michel Temer übernommen. Die Präsidentin beteuert ihre Unschuld und spricht von einem "Putsch" gegen ihre Regierung. Die Kommission zur Amtsenthebung von Rousseff hat 72 Stunden, um den Report zu analysieren. Im Anschluss daran können die Autoren des Berichts befragt werden. Die Entscheidung über die angestoßene Amtsenthebung ist für den 9. August geplant.
Der am Montag veröffentlichte Bericht könnte Rousseff zwar Aufschwung geben. Trotzdem bleibt unklar, welche Auswirkung das Ergebnis auf das Amtsenthebungsverfahren hat. Laut dem lateinamerikanischen Nachrichtensender Telesur soll die Regierung Rousseff von ihren Widersachern um De-facto-Präsident Temer um jeden Preis gestürzt werden, um Korruptionsermittlungen gegen die Opposition zu verhindern. Abgehörte Telefonate aus Temers Umfeld, aus Kreisen der Bundesanwaltschaft publiziert, belegten dies. Interimspräsident Temer, nach Angaben von Wikileaks ein ehemaliger US-Informant, soll wiederum zu einem der korruptesten Politiker des Landes zählen und Unterstützung gegen Rousseff gekauft haben, was einige Senatoren dazu brachte, ihren Beistand für Temer zu überdenken.
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Laut dem Bericht hat die Präsidentin drei fragwürdige Haushaltserlasse unterschrieben. Es läge nun beim Senat, zu entscheiden, ob es sich dabei um Nachlässigkeit oder ein ernsthaftes Fehlverhalten der Präsidentin handelt, so die Experten.
Für Rousseff sind die Vorwürfe bezüglich der Erlasse – es geht nur noch um drei, nicht mehr um sechs – nur ein weiterer Angriff auf die junge Demokratie im Land. Die sogenannten Bilanztricks im Staatshaushalt, deren Rousseff beschuldigt wird, sollen in Brasilien bisher nie wirklich als Delikte betrachtet und von mehreren ehemaligen Präsidenten angewandt worden sein.