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Kuba debattiert über Handy-Apps Entwicklung des Sozialismus

Wirtschafts- und Sozialmodell für Kuba im Fokus der Debatten. Breite Beteiligung der Bevölkerung. Vor allem Jugend soll eingebunden werden

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Debatte in Santiago de Cuba, der zweitgrößten Stadt der Insel
Debatte in Santiago de Cuba, der zweitgrößten Stadt der Insel

Havanna. Wenige Wochen nach dem Ende des 7. Parteitages der Kommunistischen Partei Kubas (PCC) haben im ganzen Land Debatten über den Charakter und die strategische Ausrichtung des kubanischen Sozialismus begonnen. Als Grundlage der bis zum 20. September andauernden Diskussionsveranstaltungen dienen dabei die Dokumente "Konzeptionalisierung des Modells des kubanischen Wirtschafts- und Sozialmodells für die sozialistische Entwicklung" und "Nationaler Plan für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung bis 2030: Vorschlag für eine Vision der Nation, strategische Schwerpunkte und Bereiche".

Diese insgesamt 32 Seiten umfassenden Grundsatzpapiere wurden von Wissenschaftlern, Regierungsbeamten und Parteifunktionären erarbeitet und im April diesen Jahres auf dem Parteikongress der PCC umfassend analysiert und grundsätzlich gebilligt.

Um die Bevölkerung noch stärker in die strategischen Planungen zur künftigen Entwicklung des Landes einzubinden, wurde das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei beauftragt, einen Konsultationsprozess einzuleiten, in dem die Mitglieder der Partei und des Jugendverbandes (UJC) sowie die Angehörigen der Massenorganisationen ihre Auffassungen und Verbesserungsvorschläge einbringen können. Der kubanische Präsident Raúl Castro betonte in seiner Abschlussrede auf dem Parteitag die Bedeutung des breit angelegten Diskussionsprozesses: "Für eine Angelegenheit dieser Art ist es wesentlich, die bewusste Zustimmung der großen Mehrheit zu erreichen und deswegen ist es unerlässlich, zuzuhören, zu argumentieren und die Meinung der Mitglieder und des Volkes im allgemeinen zu berücksichtigen."

Um besonders die jüngeren Teile der kubanischen Bevölkerung anzusprechen und in die Debatten mit einzubeziehen, wurde von Professoren und Studierenden der in der in Zentralkuba gelegenen Universität von Las Villas eigens zwei Apps für Mobiltelefone programmiert, über die die wichtigsten Dokumente und Hintergrundinformationen abgerufen und in den sozialen Medien diskutiert werden können.

Dass der jüngst begonnene Konsultationsprozess über eine ähnlich große Reichweite und einen vergleichbar hohen Mobilisierungsgrad, wie bei den Debatten im Vorfeld des 6. Parteitages der PCC im Jahr 2011 um die "Lineamientos" erreichen wird, erscheint angesichts der aus Kuba eintreffenden Meldungen sehr wahrscheinlich. So haben unter anderem vor wenigen Tagen Vertreter von mehr als fünfzig Religions- und Glaubensgemeinschaften aus Camagüey und Ciego de Ávila Ergänzungsvorschläge zu den bisherigen Dokumenten erarbeitet und dabei besonders die Bedeutung der ethischen und moralischen Werte der kubanischen Gesellschaft betont. Auch im äußersten Osten des Landes in Yateras in der Provinz Guantánamo wurde in Anwesenheit der Generalsekretärin des kubanischen Frauenverbandes (FMC), Teresa Amarelle Boué, die Diskussion eröffnet und auf die besondere Rolle der Frauen und den basisdemokratischen Charakter des landesweiten Konsultationsprozesses hingewiesen.

Nach Beendigung der Debatten im September soll noch dieses Jahr im Dezember das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei die bis dahin eingegangen Änderungs- und Ergänzungsvorschläge beraten und ebenso wie das kubanische Parlament die endgültige Version der für die sozialistische Zukunft Kubas entscheidenden Konzeption und Strategieplanung beschließen.