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Wirtschaftlich schwierige Zeiten für Kuba

Sinkende Einnahmen aus dem Export und weniger Ölimporte. Präsident Raúl Castro: Soziale Errungenschaften der Revolution werden verteidigt

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Präsident Castro bei seiner Ansprache im Parlament
Präsident Castro bei seiner Ansprache im Parlament

Havanna. Kubas Regierung muss Ausgaben kürzen und Energie einsparen. Dies erklärte Präsident Raúl Castro unlängst bei seiner Ansprache vor dem kubanischen Parlament. Grund sind vor allem sinkende Einnahmen aus dem Export und weniger Ölimporte. Aufgrund des Verfalls der Weltmarktpreise traditioneller Exportprodukte wie Nickel, raffiniertes Öl oder Zucker sowie wegen zurückgehender Ölimporte aus Venezuela betrug das Wirtschaftswachstum des sozialistischen Karibikstaates im ersten Halbjahr 2016 lediglich ein Prozent und fiel damit nur halb so hoch aus wie prognostiziert.

Venezuela, der engste Verbündete und wichtigste Handelspartner Kubas, ist von den anhaltend tiefen Erdölpreisen besonders hart getroffen. Die Wirtschaftskrise des südamerikanischen Landes schlägt nun auch auf Kuba durch.

Kuba selbst produziert jährlich knapp 25 Millionen Barrel Öl, das entspricht rund 40 Prozent seines Konsums. Den Rest bezieht die Insel zu Vorzugskonditionen aus Venezuela. Im Gegenzug arbeiten dort derzeit rund 25.000 kubanische Ärzte und medizinisches Personal. Experten schätzen, dass Venezuela zuletzt nur noch 53.500 Barrel Rohöl pro Tag nach Kuba lieferte, rund 40 Prozent weniger als noch in der ersten Jahreshälfte 2015. Raffinierte Ölprodukte mit eingerechnet, beträgt der Rückgang laut der Nachrichtenagentur Reuters noch immer rund 20 Prozent. In der Vergangenheit hatte Kuba einen Teil des aus Venezuela erhaltenen Öls selbst verbraucht und den Rest mutmaßlich weiterverkauft. Diese zusätzlichen Einnahmen schrumpfen nun, Kuba müsse deshalb Ausgaben kürzen. Importprodukte sollen durch im Land hergestellte Waren ersetzt und verstärkt Investitionen in Sektoren getätigt werden, die Devisen erwirtschaften. Auch Energie müsse effizienter genutzt werden, so Castro.

Die Kooperation mit Venezuela werde nicht eingeschränkt, so Castro. Kuba werde weiterhin die vereinbarte Zusammenarbeit bieten, "um dazu beizutragen, die erreichten Leistungen in den sozialen Diensten, die der Bevölkerung zugute kommen, aufrechtzuerhalten. Die wahren Freunde erkennt man in schwierigen Momenten und wir Kubaner werden nie die Unterstützung Venezuelas vergessen, als wir vor großen Schwierigkeiten standen", sagte der Präsident.

Unabhängig davon versucht die Karibikinsel seit Jahren über Energiesparprogramme den Verbrauch zu drosseln und die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu verringern. Bis 2030 will Kuba den Anteil erneuerbarer Energien von derzeit vier auf 24 Prozent erhöhen.

Derweil machen auf der Insel Spekulationen über eine schwere Wirtschaftskrise wie in der Sonderperiode Anfang der 1990er Jahre und massive Stromabschaltungen in den Sommermonaten die Runde. Auch darauf nahm Castro Bezug. "Wie zu erwarten war, beginnen Spekulationen und Vorhersagen eines unmittelbaren Zusammenbruchs unserer Wirtschaft und eine Rückkehr zu der akuten Phase der Sondeperiode aufzutauchen". Die Absicht dahinter sei, Entmutigung und Unsicherheit bei den Bürgern zu säen. "Wir leugnen nicht, dass es Beeinträchtigungen geben kann, sogar größere als die gegenwärtigen, aber wir sind vorbereitet und besser in der Lage als damals, um ihnen zu begegnen." Die sozialen Errungenschaften der Revolution würden verteidigt, betonte der Präsident.

Der für die Aktualisierung der Wirtschafts- und Sozialpolitik zuständige Minister, Marino Murillo, nannte in seinem Bericht vor der Nationalversammlung konkrete Zahlen. Der Energieverbrauch solle insgesamt um sechs Prozent gedrosselt werden. Die privaten Haushalte, die 60 Prozent des Stromverbrauchs ausmachten, seien davon aber nicht betroffen. Auch im Tourismussektor sowie in der Nickelproduktion soll es keine Einschränkungen geben. Behörden und staatliche Betriebe sind dazu übergegangen, Arbeitszeiten zu kürzen und den Gebrauch von Klimaanlagen einzuschränken, um Energie zu sparen.

Die Sitzungswoche der Nationalversammlung, die einmal im Halbjahr zusammentritt, war von Debatten über die auf dem 7. Parteitag im April beschlossene Aktualisierung der wirtschaftlichen und sozialen "Leitlinien" für die Reformvorhaben von 2016 bis 2021 bestimmt.

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