Weichen stellen: Präsident von Argentinien in Moskau und Beijing

Regierung Fernández will über Multilateralismus traditionellen Abhängigkeiten entkommen. Argentinien wird Teil der "Neuen Seidenstraße"

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Unterwegs in Sachen strategische Kooperation: Argentiniens Präsident flog am Donnerstag von Moskau weiter nach Beijing
Unterwegs in Sachen strategische Kooperation: Argentiniens Präsident flog am Donnerstag von Moskau weiter nach Beijing

Beijing/Moskau. Nach einem Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin in Moskau hat der argentinische Präsident Alberto Fernández einen dreitägigen Besuch in der Volksrepubblik China absolviert. Bei beiden Stationen ging es für Fernández um Kooperation und Investitionen auf der Ebene einer umfassenden strategischen Partnerschaft.

Argentinien sei sehr abhängig vom Internationalen Währungsfonds (IWF) und den USA. Das Land müsse "andere Brücken bauen und den Multilateralismus unterstützen, ohne Satellit von irgendjemandem zu sein", äußerte Fernández in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Télam.

China ist der wichtigste Handelspartner Argentiniens außerhalb des Mercosur, das zweitwichtigste Zielland für Agrarexporte und der Hauptinvestor in erneuerbare Energien.

Fernández vereinbarte dort die Aufnahme seines Landes in das Projekt "Seidenstraße des 21. Jahrhunderts" zur Schaffung interkontinentaler Handels- und Infrastrukturnetze. An der chinesischen Initiative sind mehr als 140 Länder beteiligt. Offiziell gemacht wurde dies beim Treffen zwischen dem argentinischen Präsidenten und seinem Amtskollegen Xi Jinping am Samstag.

Im Rahmen der Vereinbarung schloss die Regierung Fernández Verträge, die die Finanzierung von Investitionen und Infrastrukturarbeiten in Höhe von mehr als 23,7 Milliarden US-Dollar sichern. Neben dem Beitritt zur "Seidenstraße" wurden insgesamt 13 Kooperationsabkommen in den Bereichen grüne Entwicklung, digitale Wirtschaft, Raumfahrt, Technologie und Innovation, Bildung und Hochschulkooperation, Landwirtschaft, Geowissenschaft, öffentliche Medien und Kernenergie unterzeichnet.

Zudem wurde das Währungs-Swap-Abkommen zwischen der chinesischen Volksbank und der argentinischen Zentralbank erneuert und die "weitere enge Zusammenarbeit" in diesem Bereich vereinbart, um "eine stärkere Verwendung der Landeswährungen im Handel und bei Investitionen zu fördern und es den Unternehmen in beiden Ländern zu erleichtern, Kosten zu senken und das Wechselkursrisiko zu verringern". China unterstütze Argentinien "nachdrücklich in seinen Bemühungen um die Erhaltung der wirtschaftlichen und finanziellen Stabilität", hieß es nach dem Treffen von Fernández und Xi Jinping.

Auf der Tagesordnung der argentinischen Delegation standen insgesamt 17 Infrastrukturprojekte, für die der chinesischen Seite eine Zusammenarbeit und Finanzierung vorgeschlagen wurde, darunter unter Punkt 13 "Programme für Konnektivität und Glasfaser". Dies wird von Beobachtern als Investitionen in und die Bereitstellung von 5G-Technologie interpretiert. Zum Abschluss seiner Reise besuchte Fernández am Sonntag das Huawei-Technologiezentrum. Das Unternehmen ist international führend in der 5G-Technologie.

Die USA hatten in den vergangenen Jahren erfolglos versucht, Druck auf lateinamerikanische Länder auszuüben, um eine Zusammenarbeit mit China bei der 5G-Technologie zu verhindern (amerika21 berichtete).

Argentinien hat derzeit den Vorsitz der Gemeinschaft lateinamerikanischer und karibischer Staaten (Celac) inne. China schätze "die wichtige Rolle der argentinischen Seite in regionalen Angelegenheiten sowie ihre Bemühungen, die regionale Integration zu fördern und die Zusammenarbeit der Länder der Region mit dem Rest der Welt zu erweitern", heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. Beide Länder kamen überein, zusammenzuarbeiten, um "die chinesisch-lateinamerikanischen und karibischen Beziehungen für eine neue Ära zu vertiefen, die von Gleichheit, gegenseitigem Nutzen, Innovation, Offenheit und Wohlstand für die Völker geprägt ist".

Zuvor hatte in Moskau bei den Gesprächen zwischen Fernández und Putin die Covid-Impfkampagne in Argentinien großen Raum eingenommen. Russland lieferte Argentinien zu einem Zeitpunkt den Impfstoff Sputnik V, als das südamerikanische Land kaum andere Bezugsquellen hatte. Argentinien war andererseits das erste Land in Lateinamerika, das den Impfstoff Sputnik V zuließ, was den Weg für seine Einführung in anderen Ländern der Region ebnete. Seit August 2021 wird das Vakzin auch in Argentinien produziert.

In diesem Zusammenhang betonte Fernández seine Dankbarkeit gegenüber Russland: "Es war sehr wichtig, wie sie uns unterstützt haben, als die Impfstoffe knapp waren, und die Ergebnisse von Sputnik V im Land waren beeindruckend." Es sei indes an der Zeit, "in anderen Bereichen voranzukommen". Fernández betonte, dass "der Kontext sehr günstig für engere Beziehungen zwischen Russland und Argentinien ist".

Putin seinerseits beglückwünschte Argentinien "zum Erfolg seiner Impfkampagne". Es gebe viele Bereiche, in denen die bilaterale Zusammenarbeit verbessert werden könnte. Putin betonte, dass es zwischen seinem Land und Argentinien "ein großes Handelspotenzial" gebe.

Im Interview mit Telam berichtete Fernández über weitere Bereiche einer möglichen Kooperation. Das betreffe eine Produktion russischer pharmazeutischer Produkte mit argentinischer Technologie im eigenen Land. Ferner Energie: Gas, Öl, "aber auch erneuerbare Energien wie die Windkraft", eine friedliche Nutzung von Kernenergie sowie die Satellitenindustrie, Transport, Logistik. Er habe auch vorgeschlagen, dass Kamaz, ein großer russischer LKW-Hersteller, sich in Argentinien niederlassen sollte. Dabei solle es nicht darum gehen, zu montieren, sondern zu produzieren, so der argentinische Präsident.