Brasilien / Politik

Stichwahl in Brasilien: Rückendeckung für Lula da Silva

"Es geht um die Rettung der Demokratie": Dritt- und Viertplatzierte bei der Präsidentschaftswahl unterstützen Lula. Gouverneure und Senatoren aus 18 Bundesstaaten rufen zur Wahl des PT-Politikers bei Stichwahl auf

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Die PSD-Politiker Eduardo Paes, Präfekt von Rio de Janeiro (links) und Senator Alencar (rechts) mit Lula da Silva am Donnerstag in São Paulo
Die PSD-Politiker Eduardo Paes, Präfekt von Rio de Janeiro (links) und Senator Alencar (rechts) mit Lula da Silva am Donnerstag in São Paulo

Brasília. Im brasilianischen Wahlkampf hat der Gewinner des ersten Wahlgangs Unterstützung von früheren Kontrahenten erhalten. Herausforderer Luíz Inacio Lula da Silva (48 Prozent der Stimmen) bekommt relevante Rückendeckung anderer Parteien, um im zweiten Wahlgang seinen Gegner, Amtsinhaber Jair Bolsonaro (43 Prozent), zu schlagen.

Für die Stichwahl am 30. Oktober 2022 haben die drittplatzierte Simone Tebet (4 Prozent, rund 4,9 Millionen Stimmen) und der viertplatzierte Ciro Gomes (3 Prozent, 3,6 Millionen Stimmen) dem Anführer der Arbeiterpartei (Partido dos Trabalhadores, PT) ihre Unterstützung zugesagt.

Die Senatorin der Mitte-rechts Partei der Brasilianischen Demokratischen Bewegung (Movimento Democrático Brasileiro, MDB) machte öffentlich, sie werde für Lula und gegen Bolsonaro auf der Straße Wahlkampf machen. Sie halte zwar ihre Kritik an Lula da Silva aufrecht, werde aber für ihn stimmen, "weil ich sein Engagement für die Demokratie und die Verfassung anerkenne, was ich vom derzeitigen Präsidenten nicht glaube", sagte Tebet, bei einer Pressekonferenz in São Paulo. Über Twitter erklärte Tebet weiter, sie träume von einem Brasilien für alle, das inklusiv sei und großzügig, ohne Hunger und Elend, das Chancen auf Bildung eröffne, eine qualitätsvolle Gesundheitsversorgung biete und auf nachhaltige Entwicklung setze. "Deswegen werde ich bei der Stichwahl für Lula stimmen", so die Politikerin.

Ciro Gomes, der im ersten Wahlgang weit abgeschlagen landete, unterstützt bei der Stichwahl ebenfalls Lula da Silva: "Wenn man die Umstände betrachtet, ist dies der einzige Ausweg", sagte der Politiker. Seine Demokratische Arbeiterpartei (Partido Democrático Trabalhista, PDT) ist ein traditioneller Koalitionspartner von Lulas Arbeiterpartei PT. In einer Stellungnahme der Partei heißt es, sie werde die Kandidatur Lulas unterstützen, weil "wir einen absolut unfähigen Präsidenten haben, der Millionen von Brasilianern ihrem Schicksal überlassen hat und für den Tod von weiteren 700.000 Menschen durch die Pandemie verantwortlich ist".

Auch der 91-jährige Ex-Präsident Fernando Henrique Cardoso von der großen konservativen Partei der brasilianischen Sozialdemokratie (Partido da Social Democracia Brasileira, PSDB) kündigte an, bei der Stichwahl für Lula zu stimmen. Er postete Schwarz-Weiß-Fotos, die Beide Ende der 1970er Jahre bei gemeinsamen Aktionen für die Demokratie zeigen. "In dieser zweiten Runde stimme ich für eine Geschichte des Kampfes für Demokratie und soziale Inklusion. Ich stimme für Luiz Inácio Lula da Silva", sagte Cardoso, der von 1995 bis 2002 Präsident Brasiliens war.

Senator José Serra (PSDB), ein historischer Gegner von Lulas PT, erklärte ebenfalls seine Unterstützung für den ehemaligen Präsidenten.

Am Donnerstag schlossen sich öffentlich auch Dutzende Gouverneure und Senatoren aus 18 Bundesstaaten Lulas Kampagne für die Stichwahl an, darunter Mitglieder der neoliberalen Sozialdemokratischen Partei (Partido Social Democrático, PSD). Der PSD-Senator für Bahía, Otto Alencar, sagte bei dem Treffen in São Paulo, dass die Wahl des Ex-Präsidenten die "Rettung der Bürgerschaft, der Demokratie und des demokratischen Rechtsstaates sowie die Rückkehr der öffentlichen Politiken bedeutet, die von der derzeitigen Regierung zerstört wurden".

In der ersten Umfrage des Instituts für Wahlforschung (IPEC) vor der Stichwahl liegt Lula da Silva mit 51 Prozent der Stimmen acht Prozentpunkte vor dem ultrarechten aktuellen Präsidenten Bolsonaro.