Erneuter Mord mit Bezügen zu einer Eisenerzmine in Honduras

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Seit fünf Jahren wehren sich Gemeinden im Norden Honduras gegen die Umweltverschmutzungen durch den Tagebau
Seit fünf Jahren wehren sich Gemeinden im Norden Honduras gegen die Umweltverschmutzungen durch den Tagebau

Guapinol, Tocoa. Zwei bewaffnete Unbekannte sind am Donnerstagvormittag in das Haus von Oquelí Domínguez Ramos in der Ortschaft Guapinol im honduranischen Landkreis Tocoa eingedrungen, haben ihn erschossen und seine Mutter Catalina Ramos schwer verletzt.

Oquelí ist der jüngere Bruder des Umweltaktivisten Reynaldo Domínguez, eines auch international bekannten Gesichts des Widerstands gegen zwei Eisenerztagebaue des Unternehmens Inversiones Los Pinares im nahen Naturschutzpark Carlos Escaleras und gegen eine Pelletierfabrik der Firma Ecotek am Ortsrand von Guapinol.

Im Januar dieses Jahres war Aly Domínguez, ein weiterer Bruder Reynaldos, mit seinem Begleiter Jairo Bonilla ebenfalls von zwei Männern auf Motorrädern erschossen worden (amerika21 berichtete). Bis heute wurde über ernsthafte Ermittlungen nichts bekannt.

Edy Tabora, Anwalt der Umweltschützer:innen von Guapinol, sagte gegenüber amerika21: "Dieser neuerliche, selektive Mord ist umso erschreckender als Oquelí aktives Gemeindemitglied war, jedoch nicht zu den Umweltaktivisten gehörte wie seine Brüder."

Honduranische und internationale Organisationen zeigten sich schockiert über die erneute Gewalttat. Mit ihnen forderten die UN-Repräsentantin in Honduras Alice Shakelford und die Botschafter Spaniens, Frankreichs und Deutschlands eine lückenlose Aufklärung.

Das Gemeindekomitee zur Verteidigung der Gemeingüter in Tocoa berichtete seit dem letzten Jahr wiederholt über eine eskalierende Hasskampagne, Einschüchterungen, Schüsse in der Nähe der Häuser, in denen die Umweltaktivist:innen leben, Drohungen und Überwachung durch Drohnen. Trotzdem habe der Staat bis heute keine wirksamen Maßnahmen ergriffen, um auf die Situation zu reagieren oder die Unversehrtheit und das Leben zu garantieren.

Adilia Castro, Mitglied des Gemeindekomitees, forderte, dass der Staat endlich Verantwortung im Konflikt um die Tagebaue und die Fabrik übernehmen müsse. "Wir dürfen die Gewalt nicht als normal hinnehmen. Sie ist mit der Ankunft dieses Megaprojektes des Bergbauunternehmens entstanden und hält schon seit fünf Jahren an. Wenn der Staat den Konflikt nicht löst, wird es noch mehr Tote geben." Eine sofortige Rücknahme der Konzessionen sei dringend notwendig, unterstrich Castro während der Beerdigung von Oquelí Domínguez.

Die Tat geschah wenige Tage, nachdem der Betrieb der Pelletierfabrik eingestellt und offenbar mehr als 700 Angestellte des Bergbaunternehmens in Tocoa entlassen wurden. Das staatliche Institut für Geologie und Minen dementierte "die angebliche Verweigerung der Regierung, die Genehmigungen für die Tagebaue zu verlängern". Drei Betriebsgenehmigungen seien aktuell gültig, sie endeten im Jahr 2024. Laut Aussage des Instituts wurde bisher weder die Einstellung des Tagebaus noch eine Verlängerung beantragt.

Anwalt Tabora betont, dass die Umweltlizenzen sowohl für die Tagebaue als auch für die Pelletierfabrik fehlen. Er vermutet hinter den Massenentlassungen ein Mittel, um Druck auf die Regierung auszuüben. Darüber hinaus solle den Umweltschützer:innen die Schuld an den Entlassungen gegeben und lokale Konflikte geschürt werden.

Eigentümer von Inversiones Los Pinares und Ecotek ist das honduranische Unternehmerpaar Lenir Pérez und Ana Facussé. Im April sorgte die Durchsuchung ihres Anwesens in Florida, USA, durch das FBI für Schlagzeilen. Nach Aussagen seines Anwalts wurde Pérez als Präsident der Unternehmensgruppe EMCO Holding im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen den US-Stahlkonzern Nucor befragt, der jahrelang mit Inversiones Los Pinares zusammengearbeitet hatte.

Pérez ist auch Geschäftspartner einer Tochtergesellschaft der Flughafen München GmbH.

Die Bundesregierung als zweitgrößte Anteilseignerin des Münchner Flughafens antwortete am 24. Mai auf eine Kleine Anfrage der Abgeordneten Kathrin Vogler und Kolleg:innen: "Der Bundesregierung sind die öffentlich verfügbaren Informationen über Vorwürfe gegen Lenir Pérez bekannt. Erkenntnisse, dass Lenir Pérez im Zusammenhang mit diesen Vorwürfen rechtskräftig verurteilt worden wäre, liegen der Bundesregierung bislang nicht vor."

Und zur Frage nach der Ermordung von Aly Dominguez und Jairo Bonilla: "Der Tweet des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte verurteilt die Ermordung der beiden Aktivisten, stellt allerdings keine direkte Verbindung zwischen ihrer Tätigkeit und dem Mordmotiv her. (...) Bei der Ermordung von Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidigern und angesichts der hohen Straflosigkeit in Honduras liegt in diesen Fällen regelmäßig der Verdacht nahe, dass zwischen ihrer Arbeit und der Ermordung ein Zusammenhang besteht."