Einer der größten Steinkohletagebaue der Welt befindet sich im Nordosten Kolumbiens, im Departamento La Guajira, die Cerrejón-Mine. Deshalb scheint in diesem riesigen Gebiet außer der Sonne fast nichts und ein großer Teil des Landes ist durch den umweltschädlichen Kohlestaub geschwärzt.
"Als wir endlich unsere Ruhe hatten, kam plötzlich der Sturm in Form eines multinationalen Unternehmens. Der Konzern hatte Wachpersonal, Polizei und das Militär, die willkürlich Menschen festgenommen, illegale Kontrollpunkte errichtet und uns das Jagen und Fischen verboten haben. Die Umweltverschmutzung beeinträchtigt unsere Anpflanzungen, der Kohlestaub trocknet sie aus."
Der Tagebau wächst seit 35 Jahren stetig, den jüngsten Daten zufolge werden dort 108.000 Tonnen Steinkohle pro Tag gefördert. Im Schnitt werden dafür 30 Millionen Liter Wasser pro Tag verbraucht, und das in einem Halbwüstengebiet. Für die transnationalen Unternehmen, die den Tagebau bislang ausgebeutet haben, bedeutet er beträchtliche Gewinne. Dabei haben sie immer den Schutz der jeweiligen kolumbianischen Regierung genossen, außerdem konnten sie auf Korruption und den Paramilitarismus zählen. Und das alles zum ständigen Nachteil der Wayuu, der Schwarzen und bäuerlichen Bevölkerung von La Guajira.
Trotz der Gewinne, die der Tagebau erzielt, ist La Guajira (mit einer Armutsrate von 52 Prozent) das zweitärmste Departamento Kolumbiens. Weitere direkte Folgen des Steinkohleabbaus sind das Austrocknen von Flüssen und Bächen, die für Leben sorgen, die Zerstörung des trockenen Tropenwaldes oder die Luftverschmutzung durch Staub und Gase mit schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen. Schließlich geht der Steinkohleabbau mit großen gesellschaftlichen Spannungen und fortgesetzten Menschenrechtsverletzungen einher, es kommt zu Gewalt gegen die Bevölkerung und zur Zwangsumsiedlung von Gemeinden, um Platz für die Mine zu schaffen.
Zum anderen steht heute außer Frage, dass die Ausbeutung von Steinkohle und anderen fossilen Brennstoffen (Öl und Gas) zur Energiegewinnung der Hauptgrund für die Weltklimakrise ist. Ebenfalls wurde bei den vergangenen UN-Klimakonferenzen hervorgehoben, dass es sich auch um einen Menschenrechtskrise handelt, was die Folgen der Cerrejón-Mine deutlich zeigen.
Auch wenn in den vergangenen Jahren Fortschritte im Prozess der Reduzierung von Kohlenstoffemissionen gemacht wurden, darf nicht vergessen werden, dass die Giganten auf dem Gebiet wie Europa, die USA, Russland oder China, Millionen Tonnen Kohle verbrennen (und einige tun dies immer noch). Deswegen haben sie eine große Verantwortung für die aktuelle Klimakrise, welche die Welt heute erlebt. Und diese Verantwortung kann nicht einfach umgangen werden, indem diese Länder die Verschmutzung beenden, sondern es bedarf zusätzlich effektiver Maßnahmen zur Dekontaminierung und zur Umkehrung der Klimakrise, in der wir bereits leben.
Laut Berichten von Greenpeace hat Spanien noch im Jahr 2018 14,1 Prozent seines Stroms durch die Verbrennung von Kohle erzeugt, wodurch fast 40 Millionen Tonnen CO2 in die Atmosphäre gelangten. Es liegen umfassende Daten vor, die belegen, dass Spanien alles getan hat, die Umwelt zu verschmutzen, bevor internationale Instrumente, wie das Klimaübereinkommen von Paris (2015) fertig waren.
So war Spanien das Land in Europa, das zwischen 1990 und 2017 seine Treibhausgasemissionen am stärksten erhöhte, und zwar vorrangig durch Kohleverbrennung in Wärmekraftwerken (im Jahr 2019 gab es davon noch 16 Stück, im Juli des Jahres 2020 waren es nur noch vier, eins davon lief gedrosselt). Im Jahr 2017 hatte Spanien die zweifelhafte Ehre, weltweit Platz 1 der Länder einzunehmen, die prozentual den Kohleverbrauch erhöhten. Und all das zu einem Zeitpunkt, an dem die meisten Steinkohletagebaue in Spanien selbst geschlossen wurden – wobei die Importe von Kohle aus Ländern wie Russland, Indonesien, Südafrika und Kolumbien, die Hauptproduzenten der Welt, erhöht wurden.
Was die verantwortlichen spanischen Unternehmen in diesem Bereich angeht, können wir von den fünf großen sprechen: Endesa, Iberdrola, EDP, Viesgo und Naturgy. Diese Unternehmen geben Millionen für Marketing- und Werbekampagnen aus, mit denen sie sich seit dem Aufkommen der sogenannten grünen Energie in den vergangenen Jahren als Vorreiter im Kampf gegen die Klimakrise darstellen.
Allerdings scheint es, dass diese "grüne Sorge" nicht unbedingt überall und jederzeit mit der Sorge um die Wahrung der Menschenrechte einhergeht. Der zweite Grundpfeiler der UN-Leitprinzipien für Menschenrechte und Wirtschaft, die von der spanischen Regierung im Staatlichen Aktionsplan für Unternehmen und Menschenrechte (2017) übernommen wurden, legte die Verantwortung der Unternehmen fest, die Menschenrechte zu achten. Jedoch wird dieses Prinzip mit allen möglichen Vorwänden und Ausreden unterlaufen. Diese Verantwortung bezieht all jene Operationen, Produkte und Dienstleistungen mit ein, die durch Handelsbeziehungen entstehen, was bedeutet,, dass sie auch verantwortlich sind, wenn sie Menschenrechtsverletzungen vertuschen, ignorieren oder nicht verhindern, die von Tochtergesellschaften, Unterauftragnehmern oder Drittunternehmen begangen werden, zu denen sie Beziehungen unterhalten. Dies ist etwa der Fall, wenn spanische Energieunternehmen Handelsbeziehungen unterhalten, wie beispielsweise den Kauf von Kohle von Cerrejón.
Im vorliegenden Fall, also beim Abbau und Export von Steinkohle aus dem Cerrejón-Tagebau für die spanischen und europäischen Märkte zur Energieerzeugung, ist das eine Konstante. Und es zeigt klar dieVerantwortung der transnationalen Unternehmen für die systematischen Menschenrechtsverletzungen in Kolumbien, auch wenn es verleugnet wird oder nur indirekt ist, und außerdem die Verantwortung für die Entstehung und Verschärfung der Klimakrise in den letzten Jahrzehnten.
Zusammenfassend zeigt die Cerrejón-Mine einmal mehr, dass die großen Tagebaue, die heute von transnationalen Unternehmen im Rahmen des neoliberalen Modells betrieben werden, das Megaprojekt mit den größten Auswirkungen auf die Umwelt und die Menschen auf unserem Planeten sind. Daraus lässt sich auch ableiten, dass diese Mine ein weiteres Beispiel für die Beziehung zwischen transnationalen Unternehmen und der Ausübung von Menschen- und Naturrechten ist. Eine äußerst stürmische und schwierige Beziehung, in der Letztere bisher fast immer benachteiligt werden im Interessen der Ersteren, wodurch wieder einmal das Leben des Planeten und von uns, die wir ihn bewohnen, auf's Spiel gesetzt wird.