Senat in Brasilien stimmt für Gesetzentwurf zur Einführung eines Emissionshandels

Emissionshandel wichtiges klimapolitisches Vorhaben der Regierung zur Dekarbonisierung der Wirtschaft. Landwirtschaft von der Regulierung ausgeschlossen

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Der Umweltausschuss des Senats in Brasilien stimmte einstimmig für den Gesetzesvorschlag zur Einführung eines Emissionshandels
Der Umweltausschuss des Senats in Brasilien stimmte einstimmig für den Gesetzesvorschlag zur Einführung eines Emissionshandels

Brasília. Der Gesetzesvorschlag zur Einrichtung des brasilianischen Systems für den Handel mit Zertifikaten für Treibhausgasemissionen (PL 412/2022) hat im Nationalkongress die erste Hürde durchlaufen. Der Umweltausschuss des Senats stimmte dem Gesetzentwurf einstimmig zu, nachdem eine Einigung mit der Agrarfraktion im Kongress (bancada ruralista) erreicht wurde, Landwirtschafts- und Viehzuchtbetriebe nicht in die Regulierung einzubeziehen.

Der Gesetzestext, der in den letzten Monaten unter der Koordination des Finanzministeriums erarbeitet wurde, soll ein verpflichtendes Emissionshandelssystem für die Industrie einführen und dem Land helfen, die Treibhausgase (THG) gemäß den Klimazielen zu mindern. Brasilien will seine Emissionen bis 2030 um 50 Prozent unter das Niveau von 2005 senken und bis 2050 Netto-Null-Emissionen erreichen.

Das Vorhaben sieht die Einführung eines "Cap-and-Trade-Systems" vor. Dabei legt der Staat eine festgelegte Obergrenze für Emissionen fest (Cap). Emissionszertifikate in Höhe dieser Grenze werden auf den Markt gebracht und von den teilnehmenden Unternehmen gehandelt (trade). Unternehmen, die ihre Emissionen nicht ausreichend reduzieren, müssen Verschmutzungsrechte (Zertifikate) von anderen Unternehmen kaufen.

Das System soll für Unternehmen gelten, die mehr als 10.000 Tonnen CO2 pro Jahr ausstoßen. Für Unternehmen, die mehr als 25.000 Tonnen ausstoßen, sollen strengere Regeln gelten, die bei Nichteinhaltung der Ziele Sanktionen und Geldstrafen vorsehen.

Die Bepreisung von Treibhausgasemissionen, durch Emissionshandelssysteme oder CO2-Steuern gilt als wirksames Instrument, um die Kosten des Klimawandels in die wirtschaftliche Entscheidungsfindung einzubeziehen und dadurch Anreize für Klimaschutzmaßnahmen zu schaffen.

Zugleich sind solche Kohlenstoffmärkte ein geeignetes Mittel zur Generierung von Einnahmen für den Fiskus, zur Lenkung internationaler Finanzströme und zur Förderung von Innovationen. Laut einem Bericht der Weltbank sind inzwischen fast ein Viertel der globalen Treibhausgasemissionen durch Kohlenstoffmärkte abgedeckt. In Lateinamerika haben bisher Mexiko, Kolumbien und Chile Instrumente zur Bepreisung von CO2-Emissionen eingeführt oder planen dies. Im Jahr 2022 erreichten die Einnahmen weltweit 95 Milliarden US-Dollar, was einem Anstieg von zehn Prozent im Vergleich zu 2021 entspricht.

Für Brasilien, das bis 2050 klimaneutral wirtschaften will, ist die Einführung eines Emissionshandels daher ein wichtiges marktbasiertes Instrument im Rahmen seiner Klimapolitik. Rodrigo Rollemberg, Staatssekretär für grüne Wirtschaft, Dekarbonisierung und Bioindustrie im Ministeriums für Entwicklung, Industrie, Handel und Dienstleistungen, feierte das Ergebnis im Senat als "historischen Sieg für Brasilien. Die Regulierung des Kohlenstoffmarktes führt Brasilien in den internationalen Kohlenstoffmarkt ein, was Brasilien dabei helfen wird, seine Verpflichtungen aus dem Pariser Abkommen zu erfüllen, indem es Möglichkeiten für diejenigen schafft, die innovativ sind und die Emissionen reduzieren".

Experten kritisieren, dass der Gesetzesentwurf den Agrarsektor nicht einschließt. Das Emissionsprofil wird vielmehr von Emissionen aus der Landwirtschaft, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft dominiert.

Einem Gutachten der Rechtsberatung der Abgeordnetenkammer zufolge ist die Landwirtschaft in Brasilien direkt für 25 Prozent der THG-Emissionen verantwortlich. Die Hälfte der Emissionen (49 Prozent) gehen auf Abholzung zurück, die wiederum indirekt stark durch Landnutzungsänderungen zugunsten der Agrarwirtschaft getrieben wird. Weitere 18 Prozent werden im Energiesektor und vier in der Industrie verursacht.

Tasso Azevedo, Koordinator von MapBiomas und des Systems zur Schätzung von Treibhausgasemissionen bei der brasilianischen Klimabeobachtungsstelle, kritisierte im Gespräch mit dem Umweltportal ((o))eco: "Auf keinem anderen Kohlenstoffmarkt der Welt ist der Sektor mit den höchsten Emissionen von der Regulierung ausgenommen. In anderen Ländern, die diesen Sektor nicht einschließen, liegt das daran, dass er nicht die Hauptquelle der Emissionen ist, sondern die fossilen Brennstoffe".

Im Vergleich dazu hatte der Energiesektor in der Europäischen Union im Jahr 2021 einen Anteil von 82 Prozent an den Emissionen, während die agrarbezogenen Emissionen nur zwölf Prozent ausmachten.

Die Vorsitzende des Umweltausschusses im Senat und Berichterstatterin des Gesetzes, Leila Barros, begrüßte die Einigung mit der Landwirtschaftsfraktion. Sie erklärte das Zugeständnis gegenüber der Agrarlobby damit, dass es bisher keine adäquaten Möglichkeiten gäbe, die Emissionen von Agrarbetrieben zu erfassen und verwies darauf, dass die wichtigsten Emissionshandelssysteme weltweit die Landwirtschaft und Viehzucht nicht einbeziehen.

Der Gesetzentwurf wird nun von der Abgeordnetenkammer diskutiert und könnte noch in diesem Jahr verabschiedet werden. Nach dem derzeitigen Text hat die Regierung nach der Verabschiedung des Gesetzes durch den Kongress zwölf bis 24 Monate Zeit, um die für die Umsetzung des Systems erforderlichen Regelungen zu erlassen. Das System würde mit einer nur zweijährigen Berichtspflicht beginnen, was bedeutet, dass das Emissionshandelssystem in vier bis fünf Jahren voll einsatzfähig sein könnte.