Nicaragua will Deutschland wegen Unterstützung Israels vor dem IGH verklagen

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Zeichen der Solidarität: Nicaraguas Außenminister besuchte im Dezember Ramallah und traf dort u.a.mit Mohammad Schtajjeh zusammen, Ministerpräsident des Staates Palästina
Zeichen der Solidarität: Nicaraguas Außenminister besuchte im Dezember Ramallah und traf dort u.a.mit Mohammad Schtajjeh zusammen, Ministerpräsident des Staates Palästina

Managua/Berlin. Die Regierung Nicaraguas hat bestätigt, dass sie Deutschland, Großbritannien, die Niederlande und Kanada vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) wegen "Unterstützung beim Völkermord am palästinensischen Volk in Gaza" verklagen will.

Laut einer Presseerklärung hat Nicaragua alle genannten Regierungen dringend aufgefordert, die Lieferung von Waffen, Munition, Technologie und/oder Komponenten an Israel unverzüglich einzustellen. Es sei wahrscheinlich, dass diese Lieferungen dazu verwendet werden, Verstöße gegen die Völkermordkonvention zu erleichtern oder zu begehen.

Die Klage soll alle Akte des Völkermords einschließen. Nicaragua erinnerte in einer Verbalnote an die vier Regierungen daran, dass der IGH auf Grund der Fakten und Umstände des israelischen Vorgehens gegen die Palästinenser in Gaza am 26. Januar 2024 zu dem Schluss kam, "dass zumindest einige der von Südafrika geltend gemachten Rechte plausibel sind".

Im Schreiben an die vier Regierungen heißt es weiter, dass "die Verpflichtung eines Staates zur Prävention und die entsprechende Pflicht zum Handeln in dem Moment entstehen, in dem der Staat von der Existenz einer ernsthaften Gefahr eines Völkermordes weiß oder normalerweise hätte wissen müssen".

Mit der Klage greift Nicaragua die Entscheidung einer klaren Mehrheit der IGH-Richter auf, dass es auf israelischer Seite zumindest "plausible Anhaltspunkte" für völkermörderische Absichten oder Handlungen gibt (amerika21 berichtete). Nicaragua ist nun ein weiteres Land aus dem globalen Süden, das vor internationalen Gerichten aktiv wird.

Aus Lateinamerika hatten Bolivien, Brasilien, Kolumbien, Kuba, Nicaragua und Venezuela die Klage Südafrikas unterstützt.

Chile wird die Situation in Palästina der Anklagebehörde des Internationalen Strafgerichtshofs vorlegen, um "eine Untersuchung der in den besetzten Gebieten begangenen internationalen Verbrechen" zu beantragen.

Am 23. Januar hatte die Regierung Nicaraguas darum ersucht, dass sich das Land der Klage Südafrikas anschließen kann. Diesen Antrag hat der IGH am vergangenen Freitag anerkannt und die beteiligten Parteien Israel und Südafrika um eine Stellungnahme gebeten.

Das Kommuniqué des IGH besagt, dass "nach Artikel 62 der Satzung ein Staat, der nicht Partei in einer Rechtssache ist, beim Gerichtshof beantragen kann, als Streithelfer zugelassen zu werden, wenn er der Auffassung ist, dass ein rechtliches Interesse auf dem Spiel steht".

Nicaragua habe "in seinem Antrag auf Intervention geltend gemacht, dass es ein rechtliches Interesse hat, das sich aus den Rechten und Pflichten ergibt, die allen Vertragsstaaten der Völkermordkonvention gemeinsam sind, und zwar wegen des universellen Charakters sowohl der Verurteilung des Völkermords als auch der Zusammenarbeit, die erforderlich ist, um die Menschheit von einer so abscheulichen Geißel zu befreien".

Das besondere Engagement der Regierung Nicaraguas für die Rechte der Menschen in Palästina hat auch geschichtliche Gründe. Die sandinistische Befreiungsfront (FSLN) und die Palästinensische Befreiungsorganisation (PLO) unterhielten schon früh enge Beziehungen. Während ihres Kampfes gegen den damaligen Diktator Anastasio Somoza erhielt die FSLN Unterstützung aus Palästina. Nachdem Yasir Arafat 1980 Nicaragua besucht hatte, eröffnete die PLO dort ihre erste diplomatische Vertretung in Mittelamerika.

Ganz aktuell wurden in Managua als Zeichen der besonderen Beziehungen eine Hauptverbindungsstraße in "Pista Gaza" umbenannt und der Parque Palestina eingeweiht.