Brasilien / Politik

Zehntausende in Brasilien für ultrarechten Ex-Präsidenten auf der Straße

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Zehntausende folgten in Brasilien Jair Bolsonaros Aufruf
Zehntausende folgten in Brasilien Jair Bolsonaros Aufruf

São Paulo. Ex-Präsident Jair Bolsonaro hat am vergangenen Sonntag zu einer Kundgebung in der Avenida Paulista, der Hauptschlagader der Metropole São Paulo, aufgerufen. Zehntausende in den Nationalfarben gekleidete Demonstrierende nahmen an dem Aufmarsch teil, den Bolsonaro als "friedliches Treffen für die Rechtsstaatlichkeit und unsere Freiheit, Familien und die Zukunft" bezeichnete.

Der ultrarechte Ex-Präsident hielt eine Rede und wies die Anschuldigungen eines Putschversuchs zurück. Er nannte die Ermittlungen, die durch einige Personen "missbraucht" würden, eine "Verfolgung". Er forderte eine Amnestie für die Beteiligten am Umsturzversuch, die wegen des Eindringens in die Gebäude des Präsidenten, des Kongresses und des Obersten Gerichtshofs am 8. Januar 2023 verurteilt wurden.

An Bolsonaros Seite waren neben seiner Ehefrau Michelle diverse Politiker:innen, Gouverneur:innen sowie eine Gruppe Abgeordneter sowie der einflussreiche evangelische Pastor Silas Malafaia. In seiner Rede griff Malafaia den Obersten Gerichtshof scharf an und warnte vor einer "Intrige des Bösen", die Bolsonaro verhaften möchte.

Auch der Kongressabgeordnete Marco Feliciano, Mitglied von Bolsonaros Liberaler Partei, äußerte Zuspruch für den Ex-Präsidenten. Brasilien "würde im Chaos versinken", wenn der ehemalige Präsident verhaftet werden würde, warnte er.

Eine in Medien zitierte Bolsonaro nahestehende Quelle meinte, der Ex-Präsident verfolge eine Strategie, "um dem Obersten Gerichtshof seine Stärke zu zeigen und politisch am Leben zu bleiben, selbst wenn er verhaftet wird". So wie es dem linksgerichteten aktuellen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva gelungen sei, der wegen Korruptionsverdachts 580 Tage im Gefängnis saß, bevor das Urteil gegen ihn aufgehoben wurde. In Zeiten von politischer Polarisierung in Brasilien erhofften sich die Anhänger:innen Bolsonaros zudem zeigen zu können, welche politische Stärke, aber auch gesellschaftliche Relevanz er weiterhin habe – trotz seines Wahlausschlusses bis 2030 und den strafrechtlichen Ermittlungen.

Die Unterstützer:innen Bolsonaros drückten ihre Solidarität mit Bolsonaro aus und wiesen die Anschuldigungen gegen das Ex-Staatsoberhaupt zurück. Gleichzeitig nutzten sie die Gelegenheit, ihre Unzufriedenheit mit der aktuellen Regierung Lula auszudrücken. Nach Angaben von Gouverneur Tarcísio de Freitas, einem Verbündeten Bolsonaros, nahmen mehr als 600.000 Menschen an der Kundgebung teil. Nach Zählungen der Universität von São Paulo (USP) waren es hingegen circa 85.000.

Derzeit laufen mehrere Ermittlungsverfahren gegen Bolsonaro. Zum einen wird er des Putschversuches mit Beteiligung von hochrangigen Militärs beschuldigt. Zum anderen soll er ein Dekret verfasst haben, welches das Wahlergebnis für nichtig erklärt, und er soll nach seiner Wahlniederlage die Inhaftierung eines Richters des Obersten Bundesgerichts geplant haben.

Im Rahmen der Ermittlungen wurde kürzlich Bolsonaros Pass beschlagnahmt.